Wie 1836, 1950 und 1958 gab es auch 1969 eine gewisse Zäsur beim Käsritt. Otto Bögel, seit 10 Jahren Garant für ein Gelingen des Festes, trat in den Ruhestand und zog in den Schwarzwald. Daß mit Karl Hoffmann ein ebenso vitaler Nachfolger, ein Praktiker, gefunden wurde, der mit ungeheurer Energie den Festzug und die anderen Vorbereitungsarbeiten in die Hand nahm, zählt zu den glücklichen Umständen, durch die der Großgartacher Käsritt eine Kontinuität erhielt und damit seine Qualität behielt. "Übereinstimmendes Urteil: Heimatfest der Superlative" schrieb die Heilbronner Stimme zum Einstand des neuen verantwortlichen Heimatverein-Vorsitzenden.
Das Heimatfest begann am Freitag mit dem Dorfabend unter dem Motto "Aus nah und fern in Großgartach".' Dabei wirkten auch Gruppen der Vertriebenenverbände mit. Das Programm gestalteten die Harmonikavereinigung Böckingen, Frau Rosa Böhm mit Heimatgedichten, der Schülerchor, eine Egerländer Volkstanzgruppe, ein Schlesischer Trachtenchor, der Evangelische Kirchenchor und die Sänger des Sportvereins, die Volkstanzgruppe des Heimatvereins mit Brigitte Blei und die Tanzschule Vöhringer-Fenske. Zur Unterhaltung spielte der Musikverein Großgartach mit seinem Dirigenten Hans Rügner. Am Samstag folgte der Begrüßungsabend für die auswärtigen Großgartacher mit dem Motto: Großgartacher in aller Welt, aber daheim ist daheim. Auch hier war das Festzelt wieder voll besetzt. Die Mitwirkenden des Programms waren: Posaunenchor, Liederkranz Frohsinn, Trachtengruppe Altburg, Schülerchor, Volkstanzgruppe des Heimatvereins, Ballettgruppe des Sportvereins, Tanzschule Vöhringer, das Schwaigerner Wengerterquartett und erstmals die Jugendkapelle des Musikvereins Großgartach unter der Leitung von Gerd Nagel.
Karl Hoffmann führte Dias "Großgartacher im Ausland" vor. Währenddessen spielten in der Festhalle die Sonnys zum Käsreitertanz.
"Von Kontinent zu Kontinent, Großgartacher in aller Welt - aus aller Welt in Großgartach", hieß das Motto des Festzugs mit 45 Nummern. Bei gutem Wetter sahen 11 000 Besucher - bisheriger Rekord - Wagen mit Darstellungen aus verschiedenen Ländern.
Die Vertriebenen beteiligten sich mit Trachtengruppen. Farbenprächtig und phantasievoll waren u.a. Österreichs Fiaker, Italiens Gondel, das Atomium in Belgien, Kosaken, Tausend und eine Nacht aus dem Orient, die Schlangenbeschwörer, Neger, Indios und die Siedler der Großgartacher Kolonie in Eldorado/Argentinien dargestellt, und zum Schluß sah man gar die ersten Menschen auf dem Mond. An der musikalischen Untermalung beteiligten sich auch der Fanfarenzug Laurissa Lorsch und die Bürgerfunken Lorsch.
Bürgermeister Hagele gab bei der Begrüßung auf dem Festplatz die Versicherung ab: "Der Käsritt wird auch nach einer zu er wartenden Vereinigung mit Schluchtern in seiner üblichen Form stattfinden." Dann verabschiedete der Heimatvereinvorsitzende Karl Hoffmann die Käsreiter zum Hipfelhof. Bis zu ihrer Rückkehr unterhielten die Volkstanzgruppe des Heimatverein mit einem Bändertanz, die Turnerinnen des Sportvereins mit einem Keulentanz und der Windhunderennverein Solitude Sindelfingen. Dazwischen folgte ein Aufmarsch der farbenprächtigen Bürgerfunken Lorsch. Bei den 7 Vorläufen des Käsritts gab es verschiedene Stürze in einer glitschigen Kurve, aber glücklicherweise keine Verletzten. Vorlaufsieger wurden Bernd Rau, Emil Zimmermann, Walter Bohn, Herbert Flinspach, Manfred Eitel, Helmut Reiner. Die drei Zeitschnellsten kamen in den Endlauf, und vor 6000 Zuschauern siegte zum drittenmal hintereinander Herbert Flinspach auf Ebro und wurde damit Besitzer des Wanderpreises. Nach Walter Rau gab es damit den zweiten Dreifachsieger.
Die Siegerzeit: 47,6 Sekunden bedeuteten neuen Rekord. Zweiter wurde Wilfried Flinspach, dritter Walter Bohn. Das Aufschneiden des Käses erfolgte in der üblichen Form, ein Stück erhielt u.a. Landrat Widmaier. Bei den Reiterspielen unter Mitwirkung der Vereine aus Heilbronn, Nordheim und Schwaigern herrschte viel Spannung und Humor. Abends folgte die traditionelle Reiterquadrille mit dem großen Zapfenstreich, und in der Festhalle spielten "the Saints".
Die Reitervorführungen des Montags mußten wegen Regen leider ausfallen. Der Tag klang aus mit einem gemütlichen Beisammensein im Festzelt mit der Musikkapelle Großgartach einschließlich Jugendkapelle.
Auch das 69er Fest hatte seine Anekdote: Große Aufregung verursachte eine Schachtel mit Kostümen (Hüten), die das Ausschußmitglied Gerhard Hauff zwar beim Kostümhaus abgeholt hatte, die aber bei der Ankunft in Leingarten fehlte. Nach Einschaltung verschiedener Rathäuser und des Rundfunks wurden die Kostüme rechtzeitig vor dem Fest in einem Chausseegraben entdeckt, so daß man wohlbehütet in den Festzug gehen konnte.
Die Abrechnung des Käsrittkassiers Richard Werner ergab einen Überschuß von 7 108,44 DM.
Für den eiligen Leser: Käsrittsieger Herbert Flinspach, Festzug: Von Kontinent zu Kontinent.