Der nach 1971 nächste Käsritt wäre 1973 fällig gewesen. Doch die Krankheit des Heimatvereinsvorsitzenden Karl Hoffmann brachte die Planungen zum Stillstand, und als im Frühjahr 1973 mit dem Chronisten ein neuer Vorsitzender gewählt wurde, war es für 1973 zu spät. Der 74er Käsritt wurde jedoch durch Einsatz aller Beteiligten, gutes Wetter und auch durch verschiedene Neuerungen wieder zu einem vollen Erfolg. So wurde erstmals die Heuchelberger Warte beleuchtet und ein Weinprobierstand aufgestellt.
Ein besonderes Gepräge gaben französische Gäste aus Lesigny, die erstmals beim Fest in Leingarten waren und durch die damit hergestellten Verbindungen eine Grundlage zu der ein Jahr später besiegelten offiziellen Partnerschaft schufen. "Die französischen Gäste waren begeistert von der einmaligen Demonstration von Gemeinsinn und pulsierenden Lebens dieser lebendigen Gemeinde", schrieb Helmut Werner in der Heilbronner Stimme.
Im Heimatabend am Freitag mit dem Motto "Unterm Heuchelberg" führte Joseph Schaul durch das Programm. Es wirkten mit: Musikverein Schluchtern mit Gerd Nagel, Ballett Gerda Zeeh, Schulchor, Liederkranz Frohsinn, Kunstkraftsportgruppe, Gesangsquartett Schluchtern und die Gemeinderäte aus Leingarten und Lesigny mit einem Torwandschießen. Der Heimatverein zeigte Dias aus dem Schwabenland mit Willy Reichert. Am Samstag stand ein Diavortrag von Rudi Vollert über die voraus gegangene Reise in die vorgesehene Partnergemeinde Lesigny im Mittelpunkt des Programms. Bürgermeister Dr. Mollard und Jack Nazat sprachen Grußworte.
Im Programm wirkten mit: Hohenloher Fanfarenverein aus Böckingen, Musikverein Großgartach mit Hans Rügner, Ballett Brunhild Münch, Liederkranz Leingarten und eine Square-Tanzgruppe. Otto Bögel und Karl Hoffmann, die Ehrenvorsitzenden des Heimatvereins, erhielten als erste Persönlichkeiten die goldene Ehrennadel des Heimatvereins. Durch das Programm führte Franz Böhm. In der Festhalle spielte die Kapelle World.
Am Sonntagmorgen fand im Zelt wieder ein ökumenischer Gottesdienst statt. Beim Festzug mit dem Motto "Deutsche Sagen" gab es eine Neuerung: Da es dem Heimatverein nicht mehr möglich war, alle Wagen vorzubereiten, übernahmen die Vereine in Leingarten diese Aufgabe. Die Leitung hatte Heinz Link. Außer den örtlichen Sagen wie Herrenwald-Fräle, Hardtgeist, General Hopp und Pfohles Grab sah man u.a. den Holländer Michel, Eulenspiegel, Baron Münchhausen, Siegfried, Faust im rauchdurchzogenen Studierzimmer und Barbarossa im Kyffhäuser. Der Festzug hatte 46 Nummern.
Am Sonntagmittag auf dem Festplatz begeisterte die Motorradstaffel der Autobahnpolizei und die Hundestaffel. Weiter wirkten mit; Bürgerfunken Lorsch, Fanfarenzug Lorsch, sowie die Tanzgruppe des Heimatvereins mit einem Bändertanz. Rund 10.000 Zuschauer sahen die Vorläufe und Endlauf des Käsritts. Wegen des Vormittagregens bangte man um den Ablauf, aber es gab keine ernstlichen Stürze. Beachtenswert war der 6. Vorlauf, denn hier besiegte Karin Kocher ihren Ehemann Heinz, weil dieser vor dem Ziel stürzte. Die anderen Vorlaufsieger: Bernd Rau, Werner Ehmann, Gerhard Zaiser, Horst Zimmermann, Birgit Schust, Roland Maulick, Alex Reuther, Ernst Wagner, Herbert Flinspach. Käsrittsieger wurde der 14-jährige Horst Zimmermann, Sohn des früheren Siegers Emil, in 51 Sekunden, zweiter Vorjahressieger Walter Bohn, dritter Gerhard Zaiser. Im Springen mit Stechen siegte Bernd Rau. Abends spielten in der Festhalle die Skyliners, und die Reiter führten ihre Reiterquadrille vor.
Am Montag zeigte der örtliche Hundesportverein Übungen aus seinem Programm und dann folgten Reiterspiele. Im Jugendspringen siegte Heidrun Eitel vor Sybille Reber und Uwe Flinspach. Im Hochspringen siegte Bernd Rau vor Hans Geldermann und Horst Zimmermann. Abends beschloß ein Feuerwerk vom Rosenberger die Festtage. Eine Woche später zogen die Kindergartenkinder zum Lampionfest an den Eichbottseen, und diese Sternwanderung gefiel so gut, daß sie seitdem einen festen Brauch beim Käsritt darstellt. Die Käsrittmitarbeiter trafen sich im November nochmals, um auch einmal ungestört feiern zu können, und man schaute sich den Käsrittfilm von Walter Bucher und Festzugsdias von Erich Kretschmann und Ludwig Lidl an.
Auch bei diesen Festvorbereitungen gab es im Ausschuß bei der Wahl des Festweines wie 1971 eine Pattsituation, die aber diesmal nicht durch Stichentscheid des Vorsitzenden gelöst wurde, sondern durch Wiederholen der Abstimmung. Und dabei fiel einer um (nicht wörtlich zu nehmen, und deshalb auch nicht wegen des Weines), und eine Mehrheit war sichergestellt. Das Viertel Wein wurde dann zu 2,20 DM verkauft.
Die Abrechnung des Kassiers Richard Werner ergab ca. 23.000 DM Überschuß, dadurch war die Rückzahlung des gewährten Gemeindezuschusses mit 6.000 DM möglich. Damit ist der Heimatverein wohl der einzige Verein, der eine gewährte Gemeindezuwendung zurückgab, und der Käsritt ist eines der wenigen Heimatfeste ohne Einsatz von Steuergeldern - aber nur dank der Mitarbeit vieler freiwilliger Helfer. Der Überschuß wurde verwendet für Grünanlagen, Museumsbeschaffungen und Käsritt-Wirtschaftsgeräte.
Für den eiligen Leser: Käsrittsieger Horst Zimmermann, Festzug: Deutsche Sagen.