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Familie Otto Diem 1924 - 2014

über 90 Jahren in Eldorado – Misiones, Argentinien

Originaltext von Rudi Diem - Eldorado, Argentinien
Webbearbeitung – Hubert Späth

Rudi Diem bs

Rudi Diem, der Author dieses Beitrags

Otto war der älteste Sohn von sechs Geschwister. Er ist am 11. August 1904 in Großgartach, Kreis Heilbronn am Neckar, Deutschland geboren. Die Eltern sind Wilhelm Christof und Pauline Riecker, beide in Großgartach geboren. Wilhelm ist am 3. März. 1877 geboren. Er starb am 2. März 1958 in Eldorado. Pauline ist am 28. November 1880 geboren und starb am 13. Dezember 1946 in Eldorado. Sie heirateten am 1. Oktober 1903 in Großgartach. Es folgten sechs Kinder:
     Otto, geboren am 27. Oktober 1905. Er starb am 15. Februar 1975 in Eldorado.
     Wilhelm (J), geboren am 27. Oktober 1905, gestorben in Eldorado.
     Hedwig, geboren am 22. Januar 1907, gestorben am 23. Mai 1916.
     Alfred Rudolf geboren am 26. Juli 1908, gestorben am 1. Juli 1922.
     Richard geboren am 8. November 1909, gestorben am 2. April 1925 in Eldorado. Es war die fünfte Beerdigung in Eldorado.
     Eugen, geboren am 2. Februar 1916, gefallen in Polen am Flussufer des Bzura am 16. September 1939.

Die Familie ist in Großgartach protestantisch getauft.

Seine Eltern entschlossen sich wegen der großen Not, wie Arbeitslosigkeit, hohen Steuern oder Inflation auszuwandern. Sie suchten eine bessere Zukunft und wollten in Frieden leben.

Adolfo J. Schwelm gründete eine Kolonie im Urwald von Misiones und machte Propaganda, um Eldorado zu kolonisieren. Er hatte Leute in Deutschland, die Filme über Eldorado vorführten. Herr Wörbach aus Öhringen führte im Löwensaal einen Film von Eldorado vor. In diesem Film sah man das Paradies auf Erden. Daraufhin beschlossen einige Großgartacher auszuwandern, wie Karl Werner, Wilhelm Werner, Wilhelm Diem, Gustav Diem, Karl Nolff mit ihren Familien sowie drei Junggesellen, Robert Wendnagel, Karl Beutelspacher und Otto Künzel. Die fünf Familien mussten Hab und Gut verkaufen. Wilhelm hatte nicht das Glück. Er konnte nur einen Teil verkaufen und Pauline blieb noch mit Richard und Eugen in Großgartach. Wilhelm, Otto und Wilhelm (J) reisten mit den fünf Familien nach Eldorado.

Von der Nachbargemeinde Obereisesheim waren schon einige Familien in die Kolonie Eldorado ausgewandert. Alle waren zufrieden. Die Familie Bratz schloss sich den Großgartachern an, um nach Monte Carlo auswandern.

Am 6. Januar 1924, an einen kalten Tag, fuhren sieben Pferdewagen das Gepäck nach Heilbronn zum Bahnhof. Von hier aus ging es mit dem Zug nach Hamburg zum Hafen. Mit einem Schiff der Hamburg Süd A.G., der „Holm“, ging die Reise über den Atlantik bis zum Hafen in Buenos Aires in Argentinien.

In Buenos Aires angekommen, war die Unterkunft für die Einwanderer für eine Woche im „Hotel de Inmigrantes" in der Darsena Norte. Die Verpflegung war gratis und es fehle ihnen an nichts. Hier waren Angestellte von der Compania de Eldorado, die Propaganda für Adolfo J. Schwelm machten. Diese Leute organisierten die Reise mit dem Zug Ferrocarril Noroeste Argentino vom Bahnhof Federico Lacroze bis nach Posadas Misiones, der Hauptstadt der Provinz. Es waren ungefähr 1 200 Kilometer in 40 Stunden.

Von Posadas ging die Fahrt weiter per Schiff namens „Cunatay“ den Parana Fluss aufwärts. Die Fahrt dauerte nochmals einen Tag und eine Nacht. Da die meisten Passagiere in Eldorado ausstiegen, um sich dort anzusiedeln, begleitet Adolfo J. Schwelm die „Cunatay" mit seiner Yacht „Saswatica“.

Die Großgartacher waren von der schönen Landschaft begeistert. Am 24. Februar 1924, nach einer langen Reise von 39 Tagen, heulte die Sirene der „Cunatay" und der Kapitän meldeten, dass die Endstation Eldorado erreicht war. Für die Jugend war der Ausblick sehr schön und interessant, denn so viele bunte und schöne Schmetterlinge hatten sie noch nie gesehen. Für die Älteren war es jedoch eine Enttäuschung, denn nur ganz oben sah man ein Haus - das Haus von Schwelm.

Das Schiff hatte den Anker geworfen. Alles war fertig zum Ausladen der Fracht. Die Menschen und die Fracht mussten mit dem Boot an Land gebracht werden. Adolfo Hummel, dessen Vater Deutscher und dessen Mutter Guarana Indianerin war, sprach nur sehr wenig deutsch, aber sie konnten sich verständigen. Hummel war verantwortlich für die Unterkunft. Fortunato Lopez war verantwortlich für den Transport vom Gepäck bis zu einem Gebäude als provisorische Unterkunft. Schwelm lies bei Kilometer 11 bei Albert Locher eine Rancho für fünf Familien bauen. Diese konnten solange dort wohnen, bis sie auf ihr eigenes Land ziehen konnten.

Der Preis pro Hektar war 60 Pesos in Bargeld. Bei 40 % Anzahlung konnte man auch bis zu vier Jahre mit 6 % Zins abzahlen. Diese Preise hat die Compania Eldorado festgelegt. Herrn Schwelm hat keine Quoten festgelegt. Er machte viele Ausnahmen. Der Kolonist konnte abzahlen, wie er konnte, ohne Quittung, nur mit einem Handschlag.

Adolfo Julio SchweIm hatte jeden einzelnen Einwanderer persönlich empfangen. Die fünf Familien haben sich entschlossen, dass die Gruppe beieinanderblieb. So hat Hermann Durian, der für die Deutschen Einwanderer zuständig war, die fünf Männer mit einem kleinen Omnibus 13 Kilometer weit (heute Kilometer elf) gefahren. Bis hierher ging der Urwaldweg. Mit dem Buschmesser mussten sie sich noch einen Kilometer durchschlagen, wo dann die Ländereien anfingen (heute Calle Andrujovich).

Herman Durian und ein Arbeiter gingen voraus. Die Gruppe blieb stehen und zeigte auf einen Grenzpfahl.  Es war nur Urwald und nur ein Fußweg von zwei Meter Breite. Bis zum nächsten Grenzpfahl waren es 400 Meter in die Breite und tausend Meter in die Länge - 50 Hektar. Jedes Landstück hatte eine Nummer. Wilhelm kaufe Lote Nummer 243 und später teilte Wilhelm die Lote in 243 Süd und Lote 243 Nord. Die Lote Nord bekam Otto. Karl Nolff, Karl Werner, Wilhelm Werner und Gustav Dient kauften anschließend ihre Länder. So waren alle wieder zusammen. Sie zahlten auf Abzahlung.

Jetzt war alles soweit für dem Umzug. Der Rancho bei Locher war fertig. Darin waren fünf Abteile, für jede Familie eines. Das Gepäck wurde in der Ziegelei untergebracht. Fortunato Lopez machte den Umzug mit zwei Pferdewagen. Der Weg war schlecht und des Öfteren passierte es, dass eine Federdecke an einem Ast hängen geblieben ist oder die Fracht verrutscht ist. Der Rancho war provisorisch und sehr primitiv. Die Wände waren aus Bambus, das Dach wurde mit Palmblättern gedeckt.  Aber die Leute hatten erst einmal ein Dach über dem Kopf. Es war auch nur solange, bis ein halbes Hektar Wald geschlagen war und ein besseres Haus gebaut werden konnte.

Die Großgartacher waren alle sehr enttäuscht, denn man hatte es sich anders vorgestellt. Die Träume waren jetzt vorbei. Ein neues Leben begann mitten im Urwald. Hauptsächlich bei den Frauen, die manche Tränen vergossen haben, hieß es jetzt, weiter zu machen, denn ein Zurück gab es nicht mehr. Durch ihren starken Glauben haben sie alles überstanden und Gott hat sie nie alleine gelassen. Er führte alle auf einen guten Weg. Adolfo J. Schwein erwähnte öfters die Großgartacher und lobte sie.  Die Schwaben sind ein fleißiges und sparsames Volk. Darum taufte Adolfo Schwein die Zone „Württemberger Tal oder Picade”.

Im Jahr 1928 besuchte Prinz Ferdinand von Hohenzollern zum ersten Mal Eldorado sowie auch das Schobental. Er war ganz begeistert und nannte es das Paradies. Es gefiel Prinz Ferdinand so gut, dass er im Jahr 1930 zum zweiten Mal mit seiner Mutter Prinzessin Cecilie und mit seinem Bruder kam. Sie waren Ehrengäste. Schwelm hatte ihnen eine Limousine zur Verfügung gestellt. Prinz Ferdinand hatte dadurch die Gelegenheit öfters das Württemberger Tal zu besuchen.

Die Zeit war gekommen, als die Männer und Jungs täglich morgens früh mit dem Waldschlag anfingen. Es war für die unerfahrenen Leute sehr schwer. Wilhelm hatte einen Paraguayischen Arbeiter namens Alejandro Lopez zum Waldroden angestellt. Er war ein sehr guter Mann, der in der Zeit zur Familie gehörte.

Es war eine harte Arbeit. Zuerst musste das Unterholz mit dem Buschmesser gesäubert werden, um anschließend die Bäume fällen zu können. Nachdem der Wald geschlagen war, musste man drei Wochen warten, um alles zu verbrennen. Nach dem Verbrennen des Unterholzes konnte erst alles aufgeräumt und der Rest verbrannt werden. Die Stämme wurden zum Sägewerk gebracht, um Bretter für den Hausbau zu sägen. Der Schneidelohn war ein Stamm für den Kolonisten und ein Stamm war für den Sägewerkbesitzer. Das Dach wurde mit Schindeln gedeckt, ungefähr 2 000 Stück. Die Maße waren 60 x 25 Zentimeter. Das meist benutzte Holz war "Inciencio", das sich leicht spalten ließ. Die Großgartacher waren sich in jeder Hinsicht einig, sich gegenseitig zu helfen. So haben diese Leute ihre ersten Häuser gebaut. Die Frauen haben gekocht und das Essen jeden Mittag ihren Männern gebracht. Sie waren sehr mutig. Beim Kochen mussten sie sich total umstellen. Zum Essen bringen musste sie 1-2 Kilometer laufen. Es war eine dicht bewachsene Urwaldschneise mit Eidechsen und Schlangen um die Mittagszeit. Gott hat die Frauen begleitet - es ist nie etwas passiert.

Einmal, als sie alle von der Arbeit zurückkamen, war einen grüne Schlange, die sich am Dachsparren ausruhte. Die grünen Schlangen sind jedoch nicht giftig. Sie wurde mit einem Schuss getötet. Die zweite Überraschung kam bei Nacht. Das war Schlimmer, denn es waren Wanderameisen. Da mussten alle raus und mehrere Stunden warten bis die am Morgen wieder abgezogen waren. Danach sah man, was für einen Schaden, hauptsächlich bei den Lebensmitteln, sie hinterlassen hatten.

Mit Lebensmitteln und Waren versorgt hat die Großgartacher der Geschäftsmann Abrecht von Kilometer vier. Er brachte die Lebensmittel mit dem „Sulky“ mit einem Angestellten und seiner Tochter Mathilde Abrecht, die später Argentinische Filmschauspielerin und unter dem Namen von Tilta Tamahr sehr berühmt wurde.

Wilhelm, Otto und Wilhelm (J) haben schon ein Hektar gesäubert, fertig zum Pflanzen und Säen. Zuerst wurde Gemüse gesät. Den Samen haben sie aus Großgartach mitgebracht. Man pflanzte Bohnen und Süßkartoffeln (Batatas) eine sehr nahrhafte Knolle. Auch wurde Mais gepflanzt. Bevor die Körner reifen, sind sie sehr zart. Die unreifen Maiskolben werden samt Kolben gekocht und als Vorspeise oder auch in einer sehr guten Suppe gegessen. Die Körner kann man auch im Eintopf mitkochen. Aus den ausgereiften Körnern wurde Maismehl gemahlen und Brot davon gebacken.

Die Maniok (Yuca) Stängel, sowie die Wurzeln hat Wilhelm (J) bei Adam Hartmann auf Kilometer 10 gekauft. Ebenso einige Hühner zum Züchten und Bruteier. Adam Hartmann war ein Deutsch-Brasilianer kam aus Brasilien und kannte sich gut in der Landwirtschaft aus. Viele Kolonisten holten sich bei ihm Ratschläge. Die erste Ernte von Bohnen, Mais und Tabak kaufte die Firma Nobleza y Compania aus Buenos Aires. Ivan Petronovicz zahlte die ersten Produkte in Bargeld aus. Claudio Rodrigo auf Kilometer zwei zahlte 50 % in bar und den Rest der Waren nach 6 Monaten.  So konnte Wilhelm seinen ersten Anbau verkaufen. Das Schlachtvieh kam per Schiff aus der Provinz Corrientes. Der erste Schlachter war Felipe Alegre. Das Fleisch wurde verkauft und dafür von den Kolonisten wieder Kühe und Rinder für die Nachzucht gekauft. Darunter waren auch Milchkühe, denn in der Kolonie hatte es nur sehr wenige davon. Mit diesen Tieren hatte manch ein Käufer jedoch auch Pech. Er konnte sie nicht zähmen und manches Tier ging im Wald verloren. Die Milchkuh, die Wilhelm kaufte, war eine gute Milchkuh. Mit dem Pferd hatte er weniger Glück. Reiten ließ es sich, zahm war es auch. Am Pflug und am Karren taugte es jedoch nichts.  Der Pferdewagen und der Pflug wurde von Großgartach, zusammen mit dem Handwerkszeug, mitgebracht. In der Zwischenzeit hat die Kuh gekalbt. Ein Stier. Das war gerade das richtige, denn Wilhelm kaufte nun noch einen in demselben Alter dazu. Die beiden wurden kastriert und zu einem Ochsengespann angelernt. Sie bekamen die Namen Max und Moritz. Das war die Verantwortung von Otto und Wilhelm. Das Gepflanzte gedieh sehr gut und einiges, wie das Gemüse, konnte man schon essen. Es fehlten jedoch die Saatkartoffeln, die sie von Großgartach mitgebracht haben. Die sind auf einem Abfallhaufen beim Zollamt gelandet. Als die Kiste geöffnet wurde, kamen viele Auswüchse entgegen und die Kartoffeln waren untauglich.       

Es kam die Zeit, als Wilhelm abreisen musste, um Pauline, Richard und Eugen von Großgartach zu holen. Denn sie hatten den Rest was sie hatten in Großgartach verkauft und den Kontrakt aufgelöst, den sie mit der Gemeinde Großgartach hatten. Sie hatten das Restaurant „Zum Löwen" einige Jahre in Pacht. Die Zeit, an dem Wilhelm von Eldorado abfuhr war Ende September. Er kam am 4. Dezember 1924 wieder mit dem Schiff „Baden" in Buenos Aires an.  Dieses Mal ging es nicht durch die Immigration, sondern durch die Aduanal (Zoll). Bis Posadas Misiones ging die Fahrt mit dem Zug. Von Posadas aus mit dem Schiff bis Eldorado. Pauline war sehr enttäuscht. Wo ist denn der Hafen? Die Antwort war die Sandbank. Die erste Enttäuschung. Die zweite war, als Pauline auf einem Koffer saß und wartete bis der Rest vom Gepäck ausgeladen wurde und nichts anderes als Urwald sah. Sie sagte zu Wilhelm „Mann in was für eine grüne Hölle hast du mich geführt?“. Nachdem sich Pauline eingelebt hatte, war alles vergessen. Wilhelm (J) und Otto waren dabei und Fortunato Lopez hat das Gepäck bis zur Chacra mit dem Pferdewagen transportiert.

In Großgartach wurde Wilhelm gefragt, ob er schon spanisch gelernt hat? Die Antwort war natürlich „Ja". Zum Beispiel sagt man zu Huhn „Caline“ und er hat noch mehrere Wörter genannt. Ob richtig oder falsch, das wusste Wilhelm selber nicht, aber alle waren zufrieden.

Wilhelm (J) und Otto haben tüchtig gearbeitet, im Wald Holz geschlagen und Gras für eine Viehweide bekommen. Die ersten Yerba Pflänzchen wurden bei Andres Ericksen Km 9 gekauft.

Im gleichen Jahr 1924 wanderten von Großgartach 5 Familien und ein Junggeselle Heiny Nolff nach Eldorado und damit ins Württemberger Tal aus. Julius Ehefrau Pauline, Emma, Otto und Eugen Kinder, Sebastian Schlagenhaufer und Ehefrau Pauline und Sohn Albert. Wilhelm Schäfer und Ehefrau und Sohn. Junggeselle Heinrich Nolff.

In Jahr 1925 kamen noch 6 Familien aus der Heilbronner Gegend. Jetzt war das Württemberger Tal komplett.

Als Wilhelm verreist war, nahmen die beiden, Otto und Wilhelm (J), Gustav Diem in Verpflegung.

Die Familie war jetzt, nach 10 Monaten, wieder beisammen. Wir sind im Monat Dezember. Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Gefeiert wurde im Urwald, fern von Großgartach ohne Schnee und ohne Tannenbaum, der den Weihnachtsbaum ersetzte. Pauline hat den Weihnachtsschmuck sowie die Kerzen mitgebracht. Hier in Eldorado war es üblich, dass man einen Pinienbaum (Pino Parana) als Weihnachtsbaum noch heute benutzt. Ein Weihnachten ohne Baum ist doch kein Weihnachten. Die Deutsch-Brasilianer kannten sich im Urwald gut aus und empfahlen unseren Leuten, sie sollen im Wald ein Alegrin suchen. Der Baum Alegrin ist eine Pflanze, die nicht so verbreitet ist. Seine Blätter haben Ähnlichkeit mit der Deutschen Tanne. Das Holz ist sehr hart und resistent. Es spaltet sich sehr leicht. Die Bretter sind als Holz nicht zu gebrauchen, denn ohne vorbohren geht kein Nagel durch. Die Balken und Pfosten sind jedoch wegen ihrer Härte sehr gefragt, wenn man überhaupt einen der wenigen im Urwald findet.

Die Familie ist beisammen und das Problem mit dem Weihnachtsbaum ist gelöst. Der Alegrinbaum wurde mit dem mitgebrachten Schmuck geschmückt. Es waren keine weißen Weihnachten und fern der Heimat im grünen Urwald. Die Kerzen haben sich durch die Hitze gebogen. Es war eine traurige Stimmung und noch dazu das Heimweh und die Stille im Urwald.

Das Jahr 1925 war ein trauriges Jahr. Am 2. April starb Richard. Er war Patient von Doktor Korn, dem ersten Arzt in Eldorado. Doktor Korn war nur zwei Jahre tätig. Da er nur sehr wenige Instrumente hatte, schicke er die die Kranken per Schiff ins Hospital nach Posadas. Einen Apotheker gab es nicht. Richard starb hier in Eldorado. Eine Reise hätte er nicht überstanden.

Richard war der fünfte, der in Eldorado beerdigt wurde. Auf Kilometer drei Picada 7 im Friedhof der Lutherischen Evangelischen Gemeinde. Der Friedhof, war noch Urwald. Da wo das Grab ausgraben wurde, musste erst noch gebuscht werden. Das Grab ausheben war wegen den vielen Wurzeln sehr schwierig.

Richards letzte Fahrt zum Friedhof, 12 Kilometer entfernt, war mit einem Ochsenwagen. Die Trauernden waren zu Pferd und zu Fuß. Er ruht in roter Erde, im Urwald fern von Großgartach.

Das Einleben in Eldorado war nicht so einfach. Die Sprache Spanisch hatten Wilhelm und Pauline bis sie starben nie gelernt. Die Jugend hatte die Sprache lernen müssen. Eugen war der erste, der in eine argentinische Schule ging, in die Nacional Schule No 129, Kilometer 8, gegründet am 1. Juli 1922. Die Lehrerin war Fräulein A. Hougham um Taiana, Direktor war Rafael Portillo.

Am 7. März 1926 fing der Unterricht der Hindenburg Schule auf Kilometer 14 an. Eugen war einer der ersten Schüler. Sein Lehrer war Heinrich Kitzmann.

Wilhelm wanderte mit 47 Jahren in Eldorado ein, Pauline war 44, Otto war 20, Wilhelm (J) war 19, Richard war 16 und Eugen war 9 Jahre alt.

Diese ersten Jahre waren die schwierigsten für unsere Leute. Sie mussten sich total umstellen und einen neuen Lebensweg gehen. Da hieß es durchalten. Ein Zurück gab es nicht, denn das Geld dafür reichte nicht mehr.

Sie hatten einen starken Glauben. Die Familien brachten ihre Bibeln mit. In den ersten Jahren hatte Eldorado hatte keinen Evangelischen Pfarrer. Er kam einmal im Monat von Leandro Alem-Misiones angereist, um Gottesdienst zu geben. Dies war in den Privathäusern von Karl Werner, Wilhelm Diem und Wilhelm Wieland. Wegen der schlechten Verbindungen mussten sie warten bis Pastor Richard erschien. Am 21. September 1924 wurde die Deutsche Evangelische Gemeinde gegründet. Mitgründer waren Karl Werner und Karl Nolff. Es dauerte noch einige Jahre bis ein deutscher Pfarrer von der La Plata Sinode in Buenos Aires kam und unsere Gemeinde Eldorado seelisch betreute. Wilhelm hat dem Kirchenvorstand ein halbes Hektar Land gestiftet, um eine Kirche darauf zu bauen. Aber dieses Projekt war fragwürdig, denn es gab Streit. Eine Kirche muss auf den Berg und nicht ins Tal. Die Gruppe von Kilometer 14 siegte und auf dem Land von Körner wurde die Kirche gebaut. Sie steht noch heute da. Im Jahr 1937 erst schickte die La Plata Sinode aus Buenos Aires den Pfarrer Heuser endgültig für die Deutsche Evangelische Gemeinde Eldorado und erst nach 5 Jahren wurde die Kirche auf dem Berg, Kilometer 14 und das Pfarrhaus eingeweiht. Nach langen Jahren war das kirchliche Problem gelöst. Jetzt hatte Zone 1 eine Kirche und Zone 2 zwei Kirchen.

Der Urwald hat viele Geheimnisse, an die sich unsere Leute erst gewöhnen mussten. So wie das Konzert der vielen Frösche. Am Bach, der in den Piray Mini mündet, ist Sumpfgebiet. Da der Bach die Grenze war und viel Wasser hat, haben die Kolonisten einige Hektar für Viehweiden eingezäunt. Das Wasser für den Haushalt, für die Hühner und für die Schweine war ungefähr 100 Meter vom Haus entfernt. Es war meistens die Arbeit der Frauen, Wasser zu holen. Später hat Wilhelm gemeinsam mit Herr Pils dicht beim Haus einen 10 Meter tiefen Brunnen gegraben.

Die Wasserhühner (Saracuras) waren die Wetteransager. Wenn sie schrien, bevor der Tag anfing, war es ganz sicher, dass es die nächsten Tage regnet. Die vielen Singvögel, die am Morgengrauen und auch den ganzen Tag so wunderschön sangen tun uns Gut für Leib und Seele.

Der Wilder Pfau (Jacutinga) war der Vogel, der am meisten geschossen wurde, denn sein Fleisch gab einen guten Sonntagsbraten. Ebenso Tauben, Wasserhühner, sowie Rehe, Wildschweine, Gürteltiere, Wasserschweinchen (Carpinchos) und Eidechsen (Lagartos). Diese waren unbeliebt, denn sie fressen, wie auch die Elster (Urracas), Gürteltiere (Tatu) und Schildkröten, Eier und Kücken. Diese Tiere wurden gejagt, um Fleisch zum Essen zu bekommen. Hier in der Gegend gab keine Schlachterei, um Fleisch zu kaufen. Die Großgartacher mussten bis auf Kilometer zwei reiten, um Lebensmittel bei Claudio Rodrigo zu kaufen. Er nahm dafür auch die geernteten Produkte und etwas in Bargeld.

Es wurden Schweine und Hühner gezüchtet und immer mehr Milchkühe und Ochsenpaare. Wilhelm, der Schlachter war, hat Hausschlachtungen gemacht. Wenn bei einem geschlachtet wurde, ist das Fleisch unter den fünf Familien verteilt worden. Das funktionierte gut.

Nicht leicht hatten es unsere Leute mit den Insekten, wie Mariguies (kleine Blutsauger), Sandflöhe, Zecken, Uras und Maden. Von den letzten drei waren das Vieh und die Menschen geplagt. Wegen den Mosquitos, die Malaria auf den Menschen übertragen, starben viele. Otto war der Einzige der Familie, der Malaria bekam. Er hat es aber gut überstanden. Dann kam eine Krankheit, die man Klimawunden nannte. Diese Wunden erschienen plötzlich und waren sehr schmerzhaft. Davon ist keiner verschont geblieben. Da Eldorado noch keine Apotheke hatte, fehlte die Arznei.

Wilhelm hat in Großgartach ein Jagdgewehr, Typ Mauser, gekauft. Man empfahl ihm, er solle sich bewaffnen, es hätte Großwild, wie Tiger. Diese Waffe hat er jedoch nie benutzt, denn in seinem Leben hat er nie einen Tiger gesehen.

Der Urwald hat viele Geheimnisse, hauptsächlich bei Nacht. Die Leuchtkäfer haben schon öfters eine Täuschung erzeugt, denn mit ihrem Leuchten, meinte man, es kommt der Nachbar mit der Taschenlampe. Otto kam vor dem Dunkel werden nach Hause.  Als er die Pikade entlang zu Fuß ging, hat er so manches erlebt. Der Gesang der Eulen hört sich an, als rufe ein Mensch. Als er so alleine durch den Wald ging, sah er plötzlich eine Schlange. Als erstes suchte er einen Knüppel, um die Schlange totzuschlagen. Als sie sich nicht mehr bewegte, ging er mit Angst heimwärts. Am anderen Tag ging Otto an die Stelle, an der er die Schlange getötet hatte. Aber die Überraschung war groß. Es war keine Schlange, sondern eine Wurzel. Die Vollmondnächte sind die schönsten, denn es ist Leben im Wald. Man hat viele Abenteuer erlebt. Es war, als hätte man geträumt.

Schlecht war es, wenn man die Maisernte über Nacht im Feld ließ und nicht im Schuppen unterbrachte. Das haben die Wildschweine ausgenützt und den geernteten Mais gefressen. Nicht besser waren die Schlepperameisen. Diese haben über Nacht die gepflanzten Orangen- und Tungbäumchen, sowie das Gemüse abgefressen. Am nächsten Morgen standen nur noch die kahlen Pflanzen. Es dauerte seine Zeit bis sie sich wieder erholten. Die Wasserhühner und Tauben richteten auch großen Schaden an. Wenn die gepflanzten Maiskörner und die Bohnen aufgehen, fressen die Vögel die zarten Pflänzchen. Die Papageien warten schon, bis der Mais reif ist. Sie fressen und zerstören die reifen Maiskolben. Um das zu verhindern, muss die Maisstaute geknickt werden. So kommen die Vögel nicht ran. Wenn der Mais reif ist, wird der Kolben von der Staude entfernt und umgelegt.

Die Ernte wird eingefahren. Im Schuppen warten schon die Maiskäfer. Sie höhlen die Körner aus, so dass sie das Vieh nicht mehr frisst. Die unausgereiften Maiskolben (Ghoclo) werden in Salzwasser gekocht bis sie weich sind. Dies wird als Vorspeise gegessen und mit dem Wasser wird eine kräftige Suppe gekocht. Von ganz fein gemahlenem Maismehl kann man Maispüree (Polenta) mit einer guten Soße kochen. Am Anfang wurde Mais fein gemahlen und Brot gebacken. Das Maishaar wirkt als Tee sehr gut gegen kranke Nieren. Es wurde viel mit wilden Heilpflanzen, die im Wald wuchsen, Tee gemacht und geheilt. Der Mais wird hier nicht gesät. Der Boden hat zu viele Wurzel. Da man nicht pflügen kann, haben die Deutsch-Brasilianer eine Mais-Pflanzmaschine und auch einen Pflug speziell für unsere Zone von Brasilien mitgebracht.

Die Frauen waren es, die am meisten durch die große Umstellung gelitten haben. Hauptsächlich beim Kochen war alles fremd. Es musste vieles neu gelernt werden. Ich erinnere mich noch daran, als meine Oma erzählte, wie sie zum ersten Mal Feuer zu Kochen entzündete. Holz zu sammeln war kein Problem, denn es hatte ja viel. So sammelte Oma das Holz und wollte das Feuer anzünden. Aber es brannte nicht, da es Hölzer gab, die nur qualmen und glühen. Es gab keine Flamme. Oma Pauline hatte eine provisorische Küche, die Wände waren aus Palmstämmen und das Dach aus Palmblättern gemacht. Die Feuerstelle war ganz primitiv. Da brauchte man sich nicht wundern, wenn das Mittagessen nicht gekocht war, die Oma rote Augen hatte und die Küche voller Rauch war.

Die Wäsche wurde am Bach gewaschen. Bügeln musste sie auch. Das Bügeleisen war ein schweres Guss-Kohle-Bügeleisen. Dazu brauchte man Hartholz, das lange glühte. Die Wäsche, die sie aus Deutschland mitbrachten, war nicht das geeignetste für die Zone. Die Arbeitskleidung hat Pauline aus Mehlsäcken genäht. Nach der täglichen Arbeit, die bis spät in die Nacht ging, kam es öfters vor, dass sie beim Wäscheflicken um Mitternacht neben einer Funzel (Feuer-Handlaterne) einschlief.

Morgens musste die ganze Familie aus den Federn kriechen. Pauline füttert die Hühner. Die Männer füttern das Vieh und die Kühe wurden gemolken. Danach wurde gemeinsam gefrühstückt. Es fehlte der Kaffee. Um diesen zu ersetzen wurden Maiskörner im Backofen geröstet, dann gemahlen und aufgebrüht. Dieses Experiment hat funktioniert. So wurde der traditionelle Kaffee ersetzt. Später, als die finanzielle Lage besser war, wurde richtiger Kaffee getrunken, mit oder ohne Milch.

Pauline hat die Wochentage gut eingeteilt. Montags war Waschtag, dienstags Wäsche bügeln und Brot backen, mittwochs Haushalt und bis 11 Uhr morgens arbeitet sie mit den Männern in der Chacra. Nach dieser Arbeit ging sie Heim und kochte das Mittagessen. Um 2 Uhr nachmittags wieder in die Chacra bis die Sonne unterging. Die Männer füttern die Hühner, die Schweine und die Kuh wird gefüttert und gemolken. Zum Abschluss wird die Wäsche geflickt. Um Mitternacht kam sie zur Ruhe. Donnerstags dasselbe wie mittwochs. Freitags bis 11 Uhr in der Chacra arbeiten, das Mittagessen zubereiten, am Nachmittag Brotbacken. Samstagmorgens wird Hausputz gemacht. Die Jungs fegen den Hof und misten den Hühner- und Schweinestall. Mais und Mandioka wird geerntet und im Kuhstall gelagert und dann per Hand abgerüppelt, soviel dass es eine Woche für die Hühner zum Füttern reicht.

Sonntags gab es Hühnerbraten mit Spätzlen oder Kartoffelsalat oder handgemachte Nudeln. Einmal im Monat kam der Pfarrer aus der Colonie Leandro Alem, um Gottesdienst zu halten und wenn nicht so versammelten sich die Nachbarn in einem Privathaus, um in der Bibel vorzulesen und um zu beten und fromme Lieder zu singen. Des Öfteren, abends unter der Woche, versammelten sich die Großgartacher, um ihr Seelisches geistlich und körperlich zu stärken. Das war für die Leute sehr wichtig, denn sie mussten seelisch und geistlich gesund sein. Ohne diese Stärke wäre es unmöglich gewesen, im Urwald zu überleben.

Am Sonntagnachmittag versammelte sich die Jugend jeweils bei einem anderen Freund, um zu musizieren, zu tanzen und um zurselben Zeit auf Brautschau zu gehen. Denn heiratsfähige Mädchen hatte es wenig.

Von den Großgartachern waren es fünf Mädels und zwölf Jungs. Alle Mädchen heirateten Jungs von hier. Viele von Eldorado hatten Heiratspläne in Deutschland. Es war positiv, dass sie hier geheiratet und Familien gegründet haben. Auch die Bräute, die hier geheiratet haben, wurden alle glücklich. Für die Jungs war es schwer, eine Braut zu bekommen. Die Jugend amüsierte sich mit Musik und Tanz, es fehlte jedoch das Grammophon oder jemand, der die Ziehharmonika spielen konnte.

Mit der Sprache (spanisch) kamen viele nicht gut zurecht, denn die Hiesigen (Einheimische) verstanden unsere Leute besser. Viele lernten deutsch. Mit dieser Mischung verständigten und verstanden sich alle gut. Der Schwob nennt es einen „Kauderwelsch“.

In der Rosse (Rosado), so heißt eine Fläche geschlagenen Waldes, ging die Arbeit gut voran. Es wurde eine Baumschule (Vivero) angelegt, um den Yerbasamen säen zu können. Nachdem der Samen aufgegangen war, pflanzte man ihn in einen speziellen Behälter. Wenn er 25 bis 30 Zentimeter erreicht hatte, wurden sie in der Chacra an Ort und Stelle gepflanzt. Man stellte den Behälter in das fertige Loch und entfernt ihn. Die Pflanze wächst dann weiter. Die Yerba ist eine sehr empfindliche Pflanze. Sie wird mit gespaltenem Bambus (Tacuaras) beschattet, um sie vor der Sonne zu schützen.           

Alle Jahre wurde ein oder zwei Hektar Wald geschlagen und Yerba angepflanzt bis 10 Hektar erreicht waren. 1935 hat die Regierung das Yerbapflanzen (Ilex Paraguariensis) durch ein Dekret verboten. Erst 1946 wurde das Verbot wieder aufgehoben. Der Argentinische Yerbamarkt war überschwemmt und der Preis für die Kolonisten war gesunken. Man nennte die Yerba das grüne Gold, da es eine gute Einnahme für Kolonisten war. In den 3 x 4 Meter Zwischenräumen wurde Mais, Maniok, Bataten, Bohnen oder Kürbisse gepflanzt.

Der gepflanzte Tabak wurde reif und die wilden Austriebe mussten entfernt werden, so dass die Tabakblätter gut ausreifen konnten. Die größte Plage waren die Raupen. Sie fraßen die Blätter. Das war eine Beschäftigung für die ganze Familie. Sie mussten in Handarbeit in Eimern eingesammelt werden. Dann wurden die Raupen den Hühnern gefüttert. Für diese waren sie ein Schmaus.

Die Tabakernte war eine sehr schmutzige Arbeit, da der Tabak einen Klebstoff hat. Dieser hat sich in die Kleidung geklebt. Dazu kamen noch die hohen Temperaturen. Die Staude wurde abgehackt und an einem gespannten Draht aufgehängt. Über Nacht musste der geerntete Tabak abwelken. Um die grünen Blätter nicht zu beschädigen, wurden sie mit dem Ochsenwagen in den Schuppen transportiert. Hier dauerte es einige Zeit bis die ganz trocken waren. Im Winter war es soweit, den Tabak zu bündeln, ungefähr 20 bis 30 Blätter, die in drei Klassen klassifiziert wurden. Die Doble (erste Klasse), die Bueno (zweite Klasse) und die Pito (dritte Klasse). Nach dem Bündeln wurde der Tabak aufgesetzt, dass er fermentiert, um die Qualität zu erhöhen. Die Gefahr war, dass die Temperatur sich zu sehr erhöhte und der Tabak verbrannte.

An den Regentagen, wenn der Tabak Feuchtigkeit angezogen hatte, konnte abgebündelt werden. Bei dieser Arbeit war die ganze Familie beschäftigt. Wenn es kalt war, wurde diese Arbeit in der Küche gemacht. Da war es gemütlich und auch die Materunde fehlte nicht. Im Jahre 1926 kam Rodolfo Carstesen und kaufte Tabak für die Compania Argentina de Tabacos Piccardio. Sein Stellvertreter in Eldorado war Milo Petronovich, bekannt als Don Milo. In Puerto Pinares hatte das Unternehmen einen Schuppen, um Tabak aufkaufen. Die Ernte wurde in Bargeld ausbezahlt. Jetzt hatten die Kolonisten mehr Bargeld und waren nicht mehr gezwungen, ihre Waren gegen Produkte einzutauschen.

Am Tag zuvor hatte Wilhelm mit der Familie den Ochsenwagen mit Tabak geladen, um am nächsten Morgen bei Tagesanfang loszufahren. Vierzehn Kilometer schlechter Weg. Der Karren war des Öfteren in Gefahr, umzukippen. Spät am Abend kamen unsere Leute zufrieden und glücklich zurück, denn eingekauft wurde auch.

Im Jahr 1928 kam Milo Petronovich und bot seine Arbeit als Tabakaufkäufer Otto an. Er hätte schon mit Rodolfo Carstesen gesprochen. Otto überlegte nicht lange und sagte zu. Der Aufkauf im Schuppen von Pinares wurde an die Cooperativa Agricola verkauft. Für die Tabakpflanzer war es nach Pinares wegen den sehr schlechten Wegen zu weit und zu umständlich. So entschloss sich Carstesen, den Schuppen von Otto weiter ausbauen zu lassen und hier Tabak aufzukaufen. Otto kam dies zugute, denn es war nah am Haus und ein guter Nebenverdienst.

Schwelm hat in der Zwischenzeit Personal geschickt, um die Pique zu einer Picade oder Waldweg zu machen. So konnten die Kolonisten ihre Produkte besser transportieren. Das war ein großer Fortschritt.

Joao Frank, geboren in Brasilien, war der geeignete Mann, um diese schwierigen Wege zu bauen, die voller Wurzeln waren. Joao Frank war ein Meister. Er arbeitete mit einem Ochsengespann und mit dem Spezialpflug, den er aus Brasilien mitgebracht hatte. Unsere Leute haben auch mitgeholfen. Alles Handarbeit mit Hacke, Buschmesser, Spaten und Schaufeln. Adolfo Julio Schwelm hat die Württemberger Einwanderer 14 Kilometer vom Hafen landeinwärts angesiedelt und nannte diese Zone Württemberger Tal. Und jetzt, wo der Weg von Kilometer 11 ab bis Piray Mini (Faubel) fertig war, kam Adolfo Julio Schwelm an einem Sonntagmorgen persönlich und taufte den Weg „Pikade Württemberg“.

Im Jahr 1928, nach vier Jahren, wurde zum ersten Mal die Yerba geerntet. Dieses Produkt musste man trocknen (Yerba Camchada). Dazu musste Wilhelm eine Yerba-Trockenanlage (Barbacuay) bauen. Die Almaceros (Geschäftsleute) tauschten nur Yerba Camchada. Sie verkauften die Yerba nach Rosario, Santa Fe. In Buenos Aures waren die Mühlen. Diese malten die Yerba feiner und damit fertig für den Konsum im ganzen Land. Wir in Eldorado bekommen diese Yerba. Die Yerba Mate wird sehr viel als Mate Tee getrunken (Mate Cocido), auch Tee der Armen genannt. Mate (Mate a Bombilla) ist das argentinische Nationalgetränk.

Yerba Mate 1 kl

Yerba Mate - das Nationalgetränk in Eldorado, Arbentinien

Man könnte glauben, die Leute, wären an nichts interessiert. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Männer waren beim Einkauf in Almacen und trafen sich, um Kummer und Sorgen zu vergessen. Den letzten Centavo in ein Glas Wein umgesetzt. Da geschah ein Wunder. Aus den Kehlen der Burschen und Männer ertönten heimatliche Lieder hinaus in die Urwaldnacht. So wurde im Hause der Witwe Lutz Kilometer 8 im Jahre 1924 ein Gesangverein gegründet. Karl Beutelspacher war Mitgründer und über 50 Jahre aktives und passives Mitglied.

Die Lote 243 wird geteilt. Die eine Hälfte 243 S behielt Wilhelm und die andere Hälfte 243 N bekam Otto. Ein Hektar Yerba wird angebaut und dazu ein Haus. Im 16. Jahr nach der Einwanderung heirateten im November 1929 die Tochter von Friedrich und Wilhelmine Weckerle, Eugenie mit 19 Jahren und Otto mit 25 Jahren in Civil in Eldorado Misiones, Acta 25. Eine kirchliche Trauung fand nicht statt, weil kein Pfarrer in Eldorado war. Sie hatten zwei Söhne, Rodolfo Otto (Rudi), geboren am 14. August 1933 Acta 142 in Eldorado Misiones, Argentinien und Alfredo Eugenio, ebenso in Eldorado geboren.

Sie haben drei Enkel. Ursula, geboren am 27. Mai 1961, Roland geboren am 18. Juni 1963 und Claudio Quiterio, geboren am 13. Februar 1966, alle in Eldorado geboren. Das ist die Familie von Otto und Eugenie Diem.

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Rudi Diem beim Mate trinken

Otto hat sich selbständig gemacht und Wilhelm machte mit Sohn Wilhelm weiter. Dieser bekam auch ein Stück Land von 25 Hektar Urwald. Er baute ein sich massives Haus, das gegenüber der Hindenburg Schule liegt. Der elterliche Besitz sollte für Eugen sein. Aber Eugen fiel leider im zweiten Weltkrieg im Polen Feldzug.

Wilhelm war von Beruf Metzger. Seine Idee war, eine Metzgerei in Eldorado zu betreiben, aber seine Söhne haben nicht mitgemacht. Er war in seinem Fach ein Spezialist. Wilhelm hatte Hausschlachtungen gemacht. Er war in der Gegend bekannt. Viele Kolonisten waren jahrelang seine Kunden.

Zweimal in Jahr wurden ein Rind und ein Schwein für den eigenen Verbrauch geschlachtet. Um das Fleisch für längere Zeit aufzubewahren, wurde das Fleisch angebraten, in eine Latte eingeschichtet und dann mit flüssigem Schweinefett aufgefüllt, um es hermetisch zu schließen. So konnte man das Fleisch ein halbes Jahr aufbewahren. Dasselbe konnte man mit Eiern machen. Zum Einlegen hat man Kerosen Latten genommen. Diese waren bestens geeignet. Der Inhalt war 20 Liter. Sie wurde als Eimer benutzt, aber auch zu vielem anderen mehr.

Am Schlachttag war die ganze Familie aufgeregt. Bei Tagesanfang wurde Wasser gekocht, um das Schwein abzubrühen und um die Borsten zu entfernen. Das Mittagessen war ein Festschmaus und zum Schluss gab es ein Gläsle Wein. Nach dem Essen wurde Speck geschnitten und ausgelassen. Wilhelm machte Blutwurst und Leberwurst, sowie Schwartenmagen, Kesselfleisch und Sauerkraut. Damit war der Schlachttag zu Ende. Alle waren zufrieden und Müde. Zum Schluss durfte eine Flasche Wein und natürlich der Mate nicht fehlen.

Ein anderes Mal hat Wilhelm ein Rind geschlachtet. Das hatte ein sehr schönes und gesundes Fell. Er wollte es für einen Bodenteppich haben. Das Fell wurde sorgfältig aufgehängt, doch als Wilhelm das Fell abhängen wollte, war es nicht mehr da. Der erste Verdacht war, dass es gestohlen wurde. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Aasgeier haben das Fell wegegezogen und gefressen.

Das Fleisch kann man auch noch auf eine andere Art aufbewahren. Man schneidet das Fleisch dünn, etwa in einen Meter lange Streifen, hängt es an einen Draht auf, salzt es richtig ein, so dass die Madenfliegen keine Eier darauflegen können. So kann man es längere Zeit aufbewahren. Vor den Kochen muss man es vorher gut abgewaschen und in Wasser legen. Nach einiger Zeit wird es dann gekocht.

Der Wasserbrunnen wurde als Kühltruhe benutzt. So wurde z.B. Butter aufbewahrt. Mit einem Eimer zog man das Trinkwasser hoch. Zum Wäsche waschen wurde viel Wasser verbraucht. Die alkoholischen Getränke wurden in einen Eimer gestellt und in den Brunnen hinabgelassen. Auf diese Weise hatte die Familie immer frische Getränke.

Um die Lebensmittel vor Insekten und Wanderameisen zu schützen, zimmerte Wilhelm eine Art Fliegenschrank. Die Maße waren 60 Zentimeter breit, 110 cm lang und 50 cm hoch. Der ganze Rahmen war mit Fliegendraht überzogen und schützte so vor Insekten. Er wurde außen im Hof unter einem Schattenbaum aufgehängt. So war die Ware geschützt.

Otto hat eine Liste von Ausgaben vom Jahr 1930/31 geschrieben. Es waren die Ausgaben von einem Hektar kultiviertem Land:
Ein Hektar Wald schlagen 150 Pesos, ein Hektar Yerba pflanzen 250 Pesos, ein Hektar putzen (Hacken) 80 Pesos, Yerba fertig machen 0,95 Cent, Preis für 10 Kilo getrocknet und gemahlen 1,70 Pesos, eine Tonne Fracht 6 Pesos. Sie hatten ein gutes Einkommen. Der Tabak hatte einen guten Preis. Die erste Yerbaernte ist gut ausgefallen und dazu kamen noch der Lohn vom Verkauf von Tabak. Eldorado machte in den Jahren gute Fortschritte. Unsere Leute haben viel mit Arbeit erreicht. Aufopferung, Mühe und Kraft und einen starken Glauben.

Die Abschrift von einem Brief, den Gustav Diem geschrieben hat:
Im Jahre 1924 kam ich mit meiner Frau und meinen 15 und 16 Jahre alten Kindern nach Eldorado. Ich kaufte 50 Hektar Wald. Heute habe ich 16 Hektar unter Kultur, davon 8 Hektar mit Yerba bepflanzt. Meine Yerbapflanzung brachte mir im ersten Erntejahr einen Kleingewinn von 350 bis 400 Pesos pro Hektar. Die Kaufsumme meines Landes konnte ich bei meiner Ankunft zur Hälfte bezahlen. Den Rest konnte ich nach Ablauf von drei Jahren durch den Erlös meiner Tabakpflanzung zahlen. Von der Yerbakultur hat man erst nach drei oder vier Jahren Einnahmen. Der Lebensunterhalt ist verhältnismäßig billig, da man für den Hausgebrauch fast alles selbst erzeugt. Meine Einnahmen in den letzten zwei Jahren erlaubten es mir, weitere 20 Hektar hinzukaufen. Die Aussichten für die Zukunft sind die denkbar gut.
gez. Gustav Diem - geboren in Großgartach bei Heilbronn am Neckar, Deutschland, Württemberg.

Ein anderer Einwanderer hatte es auf eine andere Art erlebt. Es war eine Großfamilie von 11 Erwachsenen und einem Kleinkind. Dieser Mann schrieb in einem Brief folgendes:
Als ich 1923 mit ganzen 100 Pesos in der Tasche und einer großen Familie nach Eldorado kam, dachte ich, niemals zu eigenem Land zu kommen. Die ersten 11 Monate habe ich bei einem Großpflanzer mit meiner Familie gearbeitet. Ich habe mir in dieser Stellung so viel verdient, dass ich mit einer ganz geringen Anzahlung ein Stück Land kaufen konnte. Ich kaufte es in einer seinerzeit noch ganz unbewohnten Gegend. Viele Leute rieten mir davon ab, so weit von Zentrum der Kolonie das Land zu kaufen. Mein nächster Nachbar wohnte mehr als sieben Kilometer von mir entfernt. Heute sitze ich mitten im Zentrum der Kolonie. In den ersten Jahren sah ich alle Monate einmal einen anderen Menschen als meine eigene Familie. Heute fahren tagsüber 50 Autos an meinem Grundstück vorbei. Mein Land habe ich inzwischen auch bezahlt. Von meinem Wald habe ich schon 11 Hektar urbar gemacht. Ich habe alles angepflanzt was hier wächst. Hauptsächlich Tabak und Mais. Das nötige Bargeld habe ich durch mein 0chsengespann verdient. Ich habe viel Holz gefahren, ein sehr einträgliches Geschäft. Des Weiteren hatte ich eine gute Hilfe in meinen Kindern. Im nächsten Jahr glaube ich, für meine erwachsen Kinder je ein Landlos kaufen zu können, um ihnen somit für die mir geleistete Arbeit ein gewisses Entgelt bieten zu können. Dann hoffe ich, dass wir wie früher in guter Eintracht einen größeren Betrieb anfangen können.
gez. Friedrich Weckerle, geboren 1871 in Russland.

Einige Einwanderer mussten in einem hohlen Canafistula Baum wohnen, bis ihr Rancho fertig wurde. Für diese Menschen war der Anfang sehr schwer, ohne Geld und nur Urwald. Aber auch sie haben es geschafft. Dieses Glück hatte Milo Petronicovich nicht. Er wollte Geld verdienen, um seine Familie später nachkommen zu lassen. Milo hat in Eldorado gearbeitet, gemeinsam mit Otto. Dieser Mann war verzweifelt, denn er hat seine Familie nie wieder gesehen.

Was machte unsere Jugend in ihrer Freizeit? Samstags organisierte der Schweizer Adolf Blasser Tanzpartien. Er hatte eine Wirtschaft auf Kilometer 9. Seine Kinder machten Musik. Dies war der ideale Treffpunkt, um sich kennen zu lernen und um später eine Familie zu gründen. Es wurde bis zum Morgengrauen getanzt.  Alle gingen fröhlich und zufrieden nach Hause. Sie kamen von weit her zu Fuß, zu Pferd und mit dem Sulky.

Sonntags versammelte sich die Jugend im Haus von einem der Gruppe. Wenn einer ein Instrument oder ein Grammophon hatte, hat er es mitgebracht. Es wurde getanzt und Spiele gemacht. Im Sommer ging die Jugend sonntags am Piray Mini baden. Karl Nolff kam auf die Idee, einen Turnverein zu gründen. Im November 1929 versammelten sich viele im Potrero (Viehweide) von Karl. Die ganze Jugend vom Württemberger Tal war mit dabei. Karl Nolff war der Gründer, erster Präsident, Turnwart und Organisator des ersten Turnvereins.

Turnverein kl
Gründungsfoto des Turnvereins 1929

Jeden Sonntagmorgen turnte die Jugend im Potrero. An einem Sonntagmorgen kam ganz unverhofft der Gründer der Kolonie Adolfo Julio Schwelm und machte eine Schenkung an den Turnverein von einem Hektar Land auf Kilometer 11. Der Urwald musste geschlagen und geräumt werden, um Platz frei zu machen und um Gras zu pflanzen und eine Schutzhütte zu bauen. Die Jugend war sehr begeistert und arbeitete sonntags und feiertags. An einem Sonntag im März 1932 wurde der neue Turnplatz eingeweiht. Dem Turnverein wurde der Name „Deutscher Turnverein Eldorado“ gegeben. Eldorado hatte nun einen Turnverein. Es wurden jeden Sonntagmorgen Freiübungen gemacht. Die besten Turner wurden von der Hindenburgschule eingeladen. Sie wurden im Verein gut trainiert. Die Turner wurden durch ihre guten Leistungen sehr bekannt. 

1929 Nolff 1937 DTV Eldorado
  Deutscher Turnverein Eldorado DTV 1937

Am 29. September war der Geburtstag von Gründer Adolfo J. Schwelm. Dazu wurden die Turner immer eingeladen. Es war ein beliebter Verein bis 1945. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle deutschen Institutionen verboten bis durch ein Dekret 1949-50 das Deutschtum wieder frei gegeben wurde. Die ganzen Dokumente des Vereins hatte der Vorstand vernichtet, um nicht in einen Konflikt mit der Regierung zu kommen. Von der Regierung wurde auch verlangt, dass der Name des Vereins geändert wird. Bis 1958 war es der „Club Germano Argentino de Gimnasia de Eldorado“. Ab 1958 wurde der Klub wieder auf den Namen „Union Cultural y Deportivo de Eldorado“ umgetauft. Otto Diem war Gründungsmitglied und über die Kriegszeit war er erster Vorsitzender (Präsident). Er war 40 Jahre aktives und passives Mitglied. Sonntags hat sich die Deutsche Gemeinschaft im Sportverein getroffen. Alle haben sich vergnügt und alle Sorgen vergessen. Heute, nach 90 Jahren der Einwanderung, hat sich das Deutschtum verloren. Die Einwanderergeneration lebt nicht mehr und die Nachkommen sind schon argentinisiert. So verliert sich die Deutsche Sprache und Kultur. Heute ist unser Deutscher Turnverein ein Verein für alle Völker. Hoffentlich erhält die heutige Jugend das Erbstück unserer Väter.

19xx Nolff 1969 50 Jahre Eldorado
Die ersten Turnfeste Vereinshaus 1960

Die Freizeit von Wilhelm und Pauline war sonntags, die Hühner und Schweine zu versorgen und morgens und abends die Kühe zu melken. Am Nachmittag kam der Nachbar zu Kaffee und Kuchen zu Besuch. Die Männer spielten Karten. Karl Werner war der Anführer. Sie nannten es „Binokeln“. Natürlich kam immer wieder Heimweh auf. Die Kraft für diese Einigkeit war der Zusammenhalt. Sie hatten sich versprochen „wir bleiben alle zusammen – wo einer hin geht, gehen alle hin“ und hier im Urwald war dies gut angebracht, denn Einigkeit macht stark.

Briefliche Verbindungen hatten die Großgartacher eher nicht. Durch die schlechten Verbindungen zur Heimat war dies nicht möglich. Erst während und nach dem Krieg wurde der briefliche Kontakt nach Großgartach aufgenommen. Im Jahre 1930 kam zum zweiten Mal Prinz Ferdinand mit seiner Mutter Prinzessin Cecilie und seinem Bruder. Er kam nochmals, weil es ihm beim ersten Besuch so gut gefallen hatte. Adolfo Schwelm hat dem Prinzen Ferdinand wieder ein Auto zur Verfügung gestellt. So besuchte er das zweite Mal das Württemberger Tal. Bei seinem Besuch erlebten zwei kleine Mädchen eine große Überraschung. Als diese auf dem Weg zum Nachbarn waren, hielt plötzlich ein Auto. Prinz Ferdinand stieg aus und fragte nach ihren Namen. Es waren Erna und Gertrud Wiehland. Sie waren sehr schüchtern. Sie kamen als Geschenk einige Pesos und er sagte ihnen wer er ist. Als sie Heim kamen und der Mama ihr Erlebnis erzählt haben, schimpfte die Mutter sehr. Von einem fremden Mann nimmt man kein Geld an und Sprechen tut man noch weniger. Als die Mama dann erfuhr, wer dieser Mann war, schimpfte sie wieder. Die Kinder hätten sich schlecht benommen. Das Württemberger Tal war der Stolz von Adolfo Julio Schwelm. Es war wie ein Paradies.

In der Chacra wird noch Wald geschlagen und Yerba und Tabak angepflanzt. Beides sind gute Einnahmen, aber dafür muss jetzt mehr Geld in der Chacra ausgegeben werden und man konnte Peone (Paraguayische Landarbeiter oder Tagelöhner) anstellen. Drei Mal im Jahr muss gehackt werden, um die Pflanzungen sauber zu halten. In unserem Sub-tropisches Klima wächst alles sehr schnell und wir müssen aufpassen, dass das Unkraut nicht überhandnimmt. Von Oktober bis April wird diese Arbeit alles in Handarbeit gemacht. Danach fängt die Yerbaernte an. Die Tabakernte ist im Dezember, mitten im Hochsommer.

Wilhelm mit Familie ziehen Anfang des Jahres 1931 in das zweite neue Haus ein. Es war im schwäbischen Stil gebaut. Das alte Haus wurde als Schuppen und Kuhstall benutzt.

Am 29. März 1931 wurde im Haus von Otto und Eugenie Diem die Genossenschaft unter dem Namen „Sociedad Cooperativa Agricola Puerto Eldorado“ gegründet. Der Gründer Ernst Meisser ging von Haus zu Haus und lud die Kolonisten zur Versammlung im Hause von Otto Diem ein. 27 Personen kamen. Die Gründungsakte wurde zuerst in Spanisch und darunter in Deutsch (Gotische Schrift) geschrieben. Die Gründungsakte wurde von der Stadt akzeptiert. Man gratulierte wegen der guten Organisation. Es war eine der am besten organisierten Genossenschaften von ganz Argentinien. Leider hat heute so mancher vergessen, was diese 27 Personen damals geleistet haben. Als sie die Cooperativa gegründet haben, leisteten sie einen großen Beitrag zum Aufschwung der Kolonie Eldorado.

Gruendungsakte Genossenschaft 1931 kl

Gründungsakte der Genossenschaft - 1931

Im Haus und Hof von Otto und Eugenia, wo die Cooperativa gegründet wurde, ist die Wiege des „Cooperativismo von Misiones“. Ab 1932 hat die Cooperativa die Produkte der Mitglieder an die großen Firmen nach Buenos Aires und Santa Fe, hauptsächlich Yerba, direkt verkauft. Dadurch sind die Zwischenhändler ausgeschieden und die Mitglieder konnten in bar ausbezahlt werden. Jedes Mitglied war verpflichtet, eine Aktie zu 100 Pesos zu kaufen und eine kleine Abgabe zu leisten, um die Kosten zu decken. Im Jahre 1934 kaufte die Cooperativa ein Stück Land von Franz Ziegler und im selben Jahr wurde ein Gebäude gebaut. Außerdem ein Lebensmittelladen nur für Mitglieder, in dem es auch Arbeitskleidung und Handwerkszeug gab. 1936 verkaufte Julius Bayer ein Stück Land und die Cooperativa baute einen Barbacua, um die geerntete Yerba aufzubereiten. Die Privat-Barbacuas von Wilhelm mussten aufgegeben werden. Die Cooperativa hatte ein neues System eingeführt.

Es wurde eine Gruppe von 25 bis 30 Mann eingestellt. Jeder einzelne bekam eine Schere, eine Baumsäge und ein Tuch von 2 x 2 Meter (Ponchada). Wenn das Tuch gebunden war, wog es 120 bis 140 Kilogramm voll gepflückter Yerba. Das Yerbaernten hatte die Cooperativa übernommen. Der Kolonist brauchte sich jetzt nicht mehr darum zu kümmern. Dieses System funktionierte sehr gut. Der Yerbabesitzer bekam sein Geld direkt auf sein Konto gutgeschrieben. Wenn das Mitglied etwas in spanischer Sprache von den Argentinischen Behörden zugeschickt bekam, wie z.B. die Steuererklärung, hatte es Angestellte, die alles beantworteten. Denn die ältere Generation hat die Spanische Sprache nie gelernt.

Das Württemberger Tal wurde 1932 von einer Heuschreckeninvasion heimgesucht. Der Schwarm ging in der Zone nieder, legte ihre Eier und erzeugte großen Schaden in den Pflanzungen. Yerba und Tabak sind glücklicherweise verschont geblieben. Das größte Problem war jedoch, nachdem die Heuschrecken ihre Eier gelegt hatten und diese anfingen zu schlüpfen. Das Glück war, dass die Regierung Material zur Verfügung gestellt hat, sowie ein Blech von 2 x 0,60 Meter, um die ausgeschlüpften Heuschrecken zu vernichten. Der Schaden war da, aber die Natur hat uns wieder einmal geschützt. In kurzer Zeit war alles wieder grün, denn wir haben ein schnelles Wachstum. Zum zweiten Mal kam 1946 eine Heuschreckeninvasion nach Eldorado. Auch dieses Mal hat es das Württemberger Tal erwischt und hat einen beträchtlichen Schaden hinterlassen.

Die Arbeiten in der Chacra gehen weiter, man darf dem Unkraut keinen freien Lauf lassen, denn es wächst sehr schnell. Das Pflanzland wird immer mehr. Wilhelm und Otto haben zusammen jeder auf seinem Land 10 Hektar Yerba gepflanzt. Wilhelm (J) auf seiner Chacra an Kilometer 11 4 Hektar.

Elena Nüremberg war Apothekerin und mit Tiemann verheiratet. Sie wohnte auf Kilometer 14 und war die erste in Eldorado, die Arznei selbst herstellte. Am Anfang, wurden nur Spezialrezepte aus Posadas oder Buenos Aires per Post zugesendet. Die Kranken für Operationen usw. wurden per Schiff nach Posadas ins Hospital gebracht. 1930 ist eine Malaria Epidemie, auch Paludismo genannt, ausgebrochen. Der Argentinische Staat hat einen Arzt von Buenos Aires, Dr. Alvare F. Ogara, nach Eldorado mit Medikamenten beliefert, um das sogenannte „Chuchu " zur bekämpfen. Außerdem kamen noch Reserve-Krankenpfleger, um diese Epidemie zu bekämpfen. Das Ergebnis war sehr gut.

Sehr viele Personen sind durch einen Mosquitostich erkrankt, darunter auch Otto, der Einzige der Familie. Im Jahr 1943 hat es Rudi (Sohn von Otto) erwischt. Es ist eine Krankheit, die erst nach Jahren zum Vorschein kommt.

In einem Gebäude war im unteren Stock die Apotheke unter dem Namen „Farmacia Tiemann“ eingerichtet. Im Rest des Gebäudes hatte Dr. Guillermo Doglio eine Klinik eröffnet. Das war für die Kolonie einen Fortschritt. Hier wurde auch Pauline eingeliefert, als sie ihren Schlaganfall bekommen hatte und am 27. Mai 1943 kam Alfred, Sohn von Otto und Eugenie hier zur Welt. Dr. Doglio war der Hausarzt der ganzen Familie Diem. Er war eine sehr gute Person, er war Arzt mit Leib und Seele. Doch Dr. Doglio hatte ein tragisches Ende. Er begleitete einen Kranken mit einem Flugzeug des Aero Klubs, welches über der Provinz abstürzte und unser treuer guter Arzt war Tod.

Immer wieder kam es vor, dass ein schlauer Bursche vorgab, Medizinstudent zu sein und Zähne ohne Betäubung, sowie Krankheiten heilen zu können. Manch einer fiel diesen Betrügern zum Opfer. Ein Unbekannter besuchte die Kolonisten mit einem Sulky. Er nannte sich Tierarzt und nebenbei hatte er Zähne ohne Schmerzmittel gezogen. Ohne Hygiene und Sauberkeit. Es war unvorstellbar, wie dreckig er gearbeitet hat.

Ein Deutscher kam auch mit einem Sulky und handelte mit deutschen Büchern, Mode und Zeitschriften. Das kam bei den Frauen gut an, da sie ihre Kleidung selbst schneiderten. Er hatte auch Material zum Sticken sowie Gemüsesamen.  Dieser Mann namens Jäckel war immer herzlich willkommen.

1923 wanderten das Ehepaar Adolf und Luise Urbanek ein. Die Ehefrau Luise war von Beruf Hebamme. Mit ihrem starken christlichen Glauben hat sie sehr vielen Müttern beigestanden, damit die Kinder gesund das Licht der Welt erblickten. Auch kümmerte sie sich darum, dass später die Mutter und das Kind wohlauf waren. Die Mutter musste sich 9 Tage schonen und wenn möglich im Bett bleiben. In dieser Schonzeit kam Frau Luise jeden Tag und brachte der Mutter eine kräftige Hühnersuppe. Diese Frau war sehr beliebt, denn sie hat auch gesorgt, dass Eldorado mehr Einwohner bekommen hat. Sie besuchte ihre Patienten mit dem Reitpferd und später konnte sie einen Sulky kaufen. Sie kam bei jedem Wetter, unabhängig davon, ob der Patient Geld hatte oder nicht. Frau Luise kam trotzdem.

Rudi (Sohn) von Otto und Eugenie kam am 14. August im Haus von Wilhelm zur Welt. Als die ersten Wehen bei Eugenie kamen, sattelt Otto das Pferd und ritt zur Frau Luise. Sie wohnte in Kilometer 8. Alles ging sehr schnell. Die Hebamme war bereit und um 12:30 Uhr ist ein gesunder Junge auf die Welt gekommen. Er heißt Rodolfo Otto, geboren am 14. August 1933. Er wurde später am 24. Dezember 1933 in der Evangelischen Lutherischen Gemeinde Sankt Johannes Eldorado getauft. Diese war im Hause von Otto und Eugenia. Getauft durch Pfarrer Paul O. Machetzki. Taufpaten: Wilhelm Diem und Nina Weckerle. Konfirmiert am 8. Februar 1948, Congregacion Evangelica Alemana del Rio de la Plata, in der Kirche Kilometer 14 Eldorado durch Pfarrer Ernst Heuser. Am 13. April 2003 war in der Congregacion Evangelica San Juan Eldorado Kilometer 14 durch Annedere Venhaus die Goldene Konfirmation.

Die Württemberger Pikade machte Fortschritte. In den dreißiger Jahren eröffnete Wilhelm Ehnis, verheiratet mit Erna Wieland, eine Schlachterei und stellte Würste her, die er an die Kolonisten verkaufte.

Ehnis wer der erste in der Pikade, der ein Lastwagen Marke „Ford“ bei Roberto W. Lowe kaufte. Roberto hatte seit 1934 eine Ford-Vertretung. Rosario Zarza kaufte ein Stück Land von Sebastian Schlagenhaufer und eröffnete eine Schlachterei auf Paraguayer Art. Ein Schlachthaus gab es nicht, so wurde das Vieh qualvoll auf bestialische Art im Bach geschlachtet. Das Blut floss in den Bach und die Gedärme fraßen die Aasgeier.

In den fünfziger Jahren vergrößerte die Cooperativa ihren "Barbacua" um eine moderne Yerba-Trockenanlage, um die Yerba in vier Stunden auf einem Fließband zu trocknen und nicht mehr in Körbe, in denen die Yerba in 24 Stunden getrocknet wurde. Dieses letzte und moderne System hat frakasiert. So wurde die ganze Yerba-Trockenanlagen aufgegeben und eine Verpackung für Zitrus eingerichtet. Die Apfelsinen wurden in Kisten mit dem Namen „Ignaz“ verpackt und nach Europa verschickt. Bei Wilhelm hat die Cooperativa ein Gebäude gemietet und ein Lagerhaus „Almasen“ fürs Personal. Die Cooperativa hat für ihr Personal, den „Tariferos", ein Haus kostenfrei für jede Familie zu Verfügung gestellt. Als die große Krise kam, wurde der Export von Zitrus nach Europa eingestellt. Die ganzen Gebäude wurden verlassen und die Maschinen nach Pinares umgesiedelt. Eine neue moderne Saftfabrik wurde mit ganz modernen Maschinen montiert. Sie wurde von Schweden importiert. Damit konnte man Konzentrierter Saft herstellen. Besessen hat die Anlage im Württemberger Tal die Kommune (Munucipalidad), um die Schulden zu begleichen.

Einige Jahre später, vor den Kommunalwahlen, hat der Peronist Hohbecker geworben, wenn die Leute ihn wählen, bekommt jeder ein Stück Land. In kurzer Zeit wurde das ganze Land von unserer Cooperativa erweitert. Wie Pilze schossen die Häuser „Ranchos“ aus dem Boden. Steuer zahlten die neuen Bewohner nicht. Die örtlichen Behörden unterstützten diese Leute, die sich die Armen „Somos Pobres“ nannten. Sie bekamen alles gratis. Ein Tank von einigen tausend Liter Wasser, das aus einer Bohrung von 80 Meter Tiefe gepumpt wurde. Die Kommune hat das neue Gebiet mit 900 bis 1000 Personen zum Stadtviertel unter dem Namen „Barrio Unidad“ ernannt. Stadtviertel „Einigkeit“, das war im Jahr 2013. Die Bewohner sind Paraguayer Abstammung und Mischlinge. Das ganze Viertel hat 72 Häuser.

Im Jahr 1937 hat Kapitän Karl Mauer den Tung-Samen in Eldorado eingeführt. Max Heffmekel experimentierte in seiner Baumschule und das Resultat war sehr gut. Die Lebenserwartung vom Tung-Baum ist 15 bis 20 Jahre, dann muss die Pflanze erneuert werden. Die Frucht ist eine Nuss. Aus deren Körnern gewinnt man ein hochwertiges Öl. Aus diesem Öl wurde ein Lack für Farben hergestellt. Ein Produkt, das im Ausland, wie Holland und in die USA verkauft wurde. Hier im Land wurden nur fünf Prozent konsumiert.

Auch im Württemberger Tal wurde Tung gepflanzt. Die meisten legten 10 Hektar an, denn im fünften Jahr ist die erste Ernte. Von April bis Oktober reift die Frucht. Wenn sie reif ist, fällt sie auf den Boden. Von hier wird die Frucht aufgesammelt, in Säcke gefüllt und dann auf einem freien, sauberen und sonnigen Platz ausgebreitet, um die gesammelten Früchte zu trocknen. Wenn sie richtig getrocknet sind werden sie wieder in Säcken gefüllt und in einem Schuppen gelagert bis ein Käufer kommt und den Tung aufkauft. Der Einzige der den Tung in Eldorado aufkaufte war der Kaufmann Banza, der im Auftrag der Firma Bunge und Born in Buenos Aires handelte. Per Schiff wurde der Tung dann nach Buenos Aires gebracht. Das Produkt wurde in Bargeld bezahlt. Wilhelm und Otto hat jeder auf seinem Land im ganzen 10 Hektar gepflanzt. Der Preis dafür war gut. Da die Produktion immer grösser wurde, hat Herr Arnold, eine Versammlung einberufen, um eine Genossenschaft unter dem Namen „Industria Oleaginosa S.A.“ zu gründen. Herr Arnold wurde als Vorstand und erster Präsident gewählt. Arthur Lehmann hatte ein Teil von Lote 274 an die Oleaginosa verkauft. Die beiden Ingenieure Eugen Beutenmüller und Steinbach leiteten 1942 verantwortlich den Aufbau einer Ölmühle. Dies war sehr schwierig, da es sehr schwer war, Maschinen zu bekommen. Argentinien hatte jede Einfuhr verboten. Sie bekamen sehr wenige Ersatzteile und waren gezwungen, die Maschinen selbst zusammen zu bauen. Auch die Installation war nicht einfach. Eine Ölpresse wurde in Buenos Aires gekauft und das alles mit wenig Anfangskapital. Die meisten Arbeiter waren Deutsche und einige Kreollen oder Hiesige, so nannte man die Paraguayer. Manches Mal mussten die Leute auf ihren Lohn warten, weil kein Geld in der Kasse war. Alle Ehre für die Aufopferung und für die Erfindungen, die sie machen mussten. Eugen Beutenmüller und Steinbach waren mit einem Wort gesagt „Genies“.

Im Jahr 1944 war es dann soweit, dass man die Fabrik einweihen konnte. Alles funktionierte perfekt. Das Württemberger Tal hatte von nun an eine Tung-Ölmühle und die Oleaginosa S.A. konnte das fertige Produkt direkt nach Amsterdam und in die USA verkaufen. Damit konnte man dem internationalen Markt Konkurrenz machen und der Anbauer bekam bessere Preise. Dies hat Eldorado finanziell einen Fortschritt gebracht.

Das erste Tungöl wurde in Fässer gefüllt und per Schiff nach Buenos Aires transportiert. Der Anfang war schwer aber erfolgreich. Man hatte 100 Arbeiter eingestellt. Diese Leute hatten jedoch keine Wohnung. Um dieses Problem zu lösen, hat der Vorstand beschlossen, Wohnhäuser für das Personal und ihre Familien zu bauen. Zusammen waren es an die 500 Personen.

Es kamen immer mehr Mitglieder dazu. So musste schon in wenigen Jahren vergrößert werden. Den Abfall der Schalen der Frucht wurde in einen Ofen verbrannt, um Strom zu erzeugen. Da der Abfall immer mehr wurde, beschloss der Vorstand, einen Schornstein von 35 Meter Höhe zu bauen. Aber man konnte diesen Abfall auch gut als Dünger für den Gemüsegarten benutzen, wenn er verfault war. So musste weiniger im Ofen verbrannt werden.

Die Oleaginosa verarbeitete auch Tung von den Mitgliedern von Puerto Esperanza, sowie von Monte Carle. Es wurden drei Lastwagen gekauft, um Mitgliedern ihren Tung von der Chacra bis zur Fabrik zu transportieren. Neben der Fabrik gab es drei Tanks mit jeweils 200 000 Litern. Von hier aus wurde per Tankwagen das Öl zu einem Tanklager am Paranaufer gefahren. Auf der Chacra von Arnold am Ufer am Parana wurden zwei Tanks gebaut, um das Tung zu lagern und das Öl dann in einem Tankschiff nach Buenos Aires zu transportieren.  

Die alte Fabrik wurde unrentabel. So wurde eine neue „Smet” Fabrik aus Schweden importiert und hier in der Württemberger Pikade montiert. Es kamen Fachleute aus Buenos Aires. Sie war die erste und modernste dieser Art in ganz Südamerika. Die Goldene Zeit des Ölexports ist in den siebziger Jahren zu Ende gegangen, denn auf dem Weltmarkt wurde ein chemisches Öl erfunden, um Lacke herzustellen. Dies war viel billiger und resistenter. Wegen dieser Krise haben die Kolonisten keinen Tung mehr angebaut. So gingen die Plantagen ein und wurden durch angepflanzten Pinienwald ersetzt. Der Yerba Preis viel auch in den sechziger Jahren im Argentinischen Markt. Der Vorstand entschloss sich dann, ein Sägewerk zu bauen, um Waldstämme zu Brettern zu sägen, die nach Buenos Aires verkauft wurden. Dieses Geschäft ging ganz gut, aber die finanzielle Lage verschlechterte sich immer mehr, so dass der Vorstand sich entschlossen hat, das ganze Vermögen an die Cooperativa Agricola Eldorado anzugliedern. In diesem Zusammenhang wurde auch vieles verkauft. In den neunziger Jahren wurde auch noch das Hauptgebäude von der Cooperativa de Electricidad auf Kilometer wegen den Schulden übernommen. In diesem Gebäude wurde ein historisches Museum eröffnet, das heute zu den besten Museen in ganz Argentinien zählt. Es bewahrt die Geschichte von unseren Pionieren.

Gründungsmitglied Otto Diem war einige Jahre im Vorstand der Oleaginosa. Die Fabrik arbeitete von Januar bis Anfang Dezember ohne Unterbrechung. Das Pfeifen der Sirene, die den Schichtwechsel ankündigte war erloschen. Nach diesem Pfeifen richteten die Leute ihre Uhren. Die Steuerschulden der Municipalidad konnte die Oleaginosa auch nicht mehr bezahlen. So übernahm sie das Land mit allen Gebäuden. Die Fabrik „Smet“ wurde nach Paraguay verkauft. Die drei Öltanks sollten auch verkauft werden. Leider haben Diebe diese Tanks abmontiert und in einzelnen Stücken verkauft. Das Material war hochwertiger Stahl, der hohe Preise erzielte. Das Sägewerk wurde an Salio aus Santa Fe verkauft und arbeitet heute noch. In der Zwischenzeit, als sich keiner um das Land und die Gebäude gekümmert hat, übernahmen es Eindringlinge, die sesshaft geworden sind. Heute sind die Besitzer „die Armen, los Pebres”. Die Stadtverwaltung übernahm die Kosten, sowie das Bohren eines Tiefbrunnens. Auch die Wasserleitung für fließendes Wasser. Einige Zeit war das ganze Gelände verlassen. Einige Angestellten haben einen Bauplatz von Hermann Durian gekauft. Wilhelm hat mit den Hiesigen die Chacra von Unkraut sauber gehalten. Bis zu drei Mal musste diese Arbeit gemacht werden, denn sonst wächst innerhalb eines Jahrs alles wieder zu. Alejandro Lopez, ein sehr ehrlicher Mann, hatte auf der Chacra gewohnt. Er hatte ein Stückchen Land mit einem Häuschen (Rancho) dicht am Bach bekommen, um es einzupflanzen. Der Paraguayer war mit dem zufrieden, wenn er nur seine Manioca (Pan Paraguay) aus Mais, seine Hühner und Bohnen für seine Familie hatte, um sie zu ernähren. Sie haben auch Schweine gezüchtet. Der Schmarren ist die wichtigste Mahlzeit der Paraguayer. Er wird als Frühstück, mittags und abends gegessen. Der Schmarren (Reviro) wird aus Mehl, Wasser und Salz zu einem Teig gerührt und dann die Masse in einem drei Fuß heißen Fett auf offenem Feuer solange gestampft bis es zerkleinert ist. Der Europäische Schmarren ist feiner, aber im Wald hier hatte der Arbeiter nur Salz, Wasser und Mehl zu Verfügung. Es ist eine Speise, die schwer verdaulich ist und man längere Zeit keinen Hunger bekommt. Der Mate Tee (Mate Cocido) wird zum Reviro Essen getrunken und der Europäer trinkt sein Kaffee mit Milch. Wenn der Hiesige seinen kalten Mate (Terere) bereitet ist es eine Zeremonie. Die Heilkräuter werden mit der Yerba gemischt und in einen Becher gefüllt. Dann wird kaltes Wasser darüber gegossen. Darin ist dann ein Materöhrchen (Bompilla). So kreist das Gefäß von Mund zu Mund.

Das Württemberger Tal machte Fortschritte. Die Einnahmen aus den Chacras waren sehr gut. Der Verkauf der Produkte ging über die Cooperativa. Otto nahm Tabak für die Firma in Buenos Aires an. Dies war ein guter Nebenverdienst.

Im Jahr 1937 hat er ein neues Haus gebaut. Heute wohnen sein Sohn Rudi mit Familie darin. Im selben Jahr ist Eugen Diem zum Deutschen Militärdienst eingezogen worden. Vater Wilhelm hat ihn begleitet. Als er in Großgartach ankam, wohnte er bei Sailers und fuhr im selben Jahr wieder zurück nach Eldorado. Als Eugen mit dem Militärdienst fertig war, wurde er nicht gleich entlassen, sondern er wurde zum Arbeitsdienst eingezogen. Am 1. September 1939 musste er in den Krieg. Beim Polenfeldzug, am Fluss Bzura, bekam er bei der Überfahrt am Ufer des Flusses einen Kopfschuss und starb am 16. September 1939. Er wurde am Ufer begraben. Ganz verlassen ruhen seine Reste fern von seinem geliebten Eldorado. Dank an einen Freund, der ein Bild von seinem Grab machte.

Wenige Monate nach dem Tod von Eugen bekam Pauline 1941 ein Schlaganfall. Sie war halbseitig gelähmt. Dr. Guillormo Daglio hat sie als Arzt betreut. Pauline starb am 13. Dezember 1946 und wurde im Evangelischen Friedhof beigesetzt.

Am 24. Mai 1942 heiratet Wilhelm, Else Hermine Siegel. Else wurde am 15. Januar 1921 in Pforzheim, Baden, Deutschland geboren. Sie wanderte mit ihren Eltern und Brüdern im Jahr 1925 in Eldorado ein. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Gerhard geboren am 15. April 1945 in Eldorado. Er heiratete später Veronica Hermann, geboren am 18. Mai 1948 in Eldorado. Sie haben am 27. Dezember 1960 geheiratet, haben ein Sohn Daniel, geboren am 10. Dezember 1970 in Eldorado. Am 15. Juli 2001 heiratete Daniel, Amalia Prediger, geboren am 22. Mai 1972 in Eldorado. Sie haben zwei Kinder Camila geboren im April 2000 und Kevy Daniel, geboren am 1.Juni 2004.

Als Wilhelm (J) und Else verheiratet waren, haben sie das Elternhaus und die Chacra geerbt, in dem sie auch wohnten. Else hat sich mit den Eltern nicht mehr verstanden. So entschloss sich Vater Wilhelm ein Holzhäuschen neben Ottos Haus zu bauen. Er ist 1944 eingezogen. 1946 stirbt Pauline und Wilhelm lebt fortan alleine im Haus. Eugenie hat in versorgt. Die Chacra hat er abgegeben und lebte von seinen Zinsen bis er am 2. März 1958 starb. Er ist im Evangelischen Friedhof der Johannes Gemeinde Eldorado im Württemberger Tal beerdigt.

Wilhelm (J) hat sein Land auf Kilometer 11 am Stehr verkauft. Es wurde dadurch wieder zum Verkauf freigegeben. Heute ist der Besitzer die Deutsche Institut Hindenburg, eine Schule.

Da Wilhelm seine Chacra abgegeben hat, machte ich weiter mit dem Aufbau seiner Chacra mit Familie Otto, Eugenie und Enkel von Wilhelm und Sohn Rudi. Er war der erste Enkel von Wilhelm und Pauline, der im Württemberger Tal geboren ist.

Für Otto und Eugenie war es auch ein sehr schwerer Anfang. Betroffen waren alle Frauen. Das Wasser zum Kochen und Waschen musste sie in der Quelle, 150 Meter vom Haus entfernt, holen. Bis Herr Bilz einen 10 Meter tiefen Brunnen gegraben hat. Dieser Brunnen, 80 Jahre alt, hat bis heute noch Wasser. Er war nicht einmal ausgetrocknet, auch bei der größten Trockenheit nicht. Der trockenste Sommer war 1967, der kälteste war der 18. Juli 1975. Die Temperatur war 13 Grad unter null um sieben Uhr morgens. Die Kältewelle verursachte einen großen Schaden in den Plantagen. Bei starkem Regenfall regnet es in 8 Stunden 185 Millimeter. Das gute ist, dass die rote Erde immer schnell trocknet. Der heißeste Sommer war im Sommer 2014 mit 45 Grad Hitze. Die Sonne war sehr stark, die Pflanzungen haben gelitten.

Der Gründer Adolfo Julio Schwelm hatte eine gute Idee, den Namen Eldorado der Kolonie zu geben, denn wir leben hier wie im Paradies. Die Hälfte der dreißiger Jahre waren gute Zeiten. Das Tal hatte große Fortschritte gemacht. Der Urwald wurde geschlagen und am Bach entlang waren Viehweiden angelegt worden. Jeder Kolonist hatte eine eigene Weide (Patrero), die man zur Nachzucht des Viehs brauchte. Der Bach mündete in den Piray Mini, ein Fluss, den man mit dem Neckar vergleichen kann. Dazu noch die hügelige Landschaft, wie daheim im Leintal. Wegen dieser ähnlichen Landschaft haben sich die Großgartacher schnell eingelebt und wohlgefühlt. Trotzdem haben sie die Heimat nicht vergessen, trotzdem war immer wieder das Heimweh. Daran erinnert mich das Schwaben-Lied „Oh Schwabenland, geliebtes Land, wie wunderbar bist du“, aber auch „Schaffe, schaffe Häusle baue“. Dieser Spruch in Eldorado, wo man Maniok isst und Mate aus einem Gefäß, gefüllt mit Yerba und aus einem Röhrchen trinkt.

Architekt Wilhelm Staudt hat 1936 einen Plan für ein Hausbau für Otto ausgearbeitet. Die Maurer waren Ambros Krämer und Göringer, Zimmerman Hans Graf und Leuter, Schreiner Karl Beutelspacher. Das Bauholz kam von Peter Ahrenhart, die Ziegelsteine lieferte Mick und Schneider. Das Wellblech für das Dach, sowie die Badeinrichtung mussten in Posadas bei Casa Gottschalk eingekauft und per Schiff nach Eldorado transportieren werden. In dieser Zeit haben alle Großgartacher ihre Steinhäuser gebaut.

Anfang des Jahres 1938 kaufte Otto eine neue Limousine Marke Chevrolet, Model 1938 bei Sanchez y Componia in Posadas Misiones. Der Sulky und das Reitpferd Liesl wurden verkauft. Es blieb nur das Pferd Saino. Der musste den zweirädrigen Karren ziehen und die Ernten einfahren.

Eines Tages ging Eugenie zum Zahnarzt auf Kilometer acht. Sie ist des Öfteren geritten, doch dieses Mal ist der Heimritt schlecht verlaufen. Auf Kilometer neun war es, als wenn sich das Pferd erschrocken hätte und es raste mit vollem Galopp, ohne anzuhalten bis auf Kilometer 11. Eugenie es hat nicht mehr in den Griff bekommen und die Zügel fielen ihr aus den Händen. Das Pferd rast immer schneller, sie war hilflos und machtlos auf dem Pferd. Auf Kilometer 11 war Pali Zarza, er war Schlachter und beobachtete die Tragödie. Er hat Eugenia gesehen, reagierte sofort, sprang auf seinen Gaul und ritt Eugenie entgegen. Er ritt nebenher bis er das Pferd zum Stehen gebracht hatte. Wenn sie dieser Mann nicht gerettet hätte, wäre Eugenie gestürzt. Dank diesem couragierten Mann, Herr Pali Zarza, der auch sein Leben riskiert hatte. Danke im Namen der Familie Diem. Die Ursache für diesen Unfall war ein Pferderennen, das am Tage zuvor, am Argentinischen Nationalfeiertag, dem 25. Mai 1932, durchgeführt wurde. Wilhelm (J) hat mit seinem Pferd Liesel ein Wettrennen gemacht. Das Pferd war noch in einem Schock vom vorigen Tag. Vom Pflug weg, den Wagen ziehen, das war schon außergewöhnlich für die Liesel. Sie hat sich jedoch beruhigt, denn es ist nie wieder etwas passiert.

Otto hat ein Radio bei Platzer, der offizieller Vertreter in Eldorado war, gekauft. Das war der erste Radio, das er in Eldorado verkauft hat. Das war im Jahre 1937. Dieses Radio ist heute im Museo Cooperativa Historico Kilometer 9 ausgestellt. In dem Museum sind viele Objekte ausgestellt, die unsere Großgartacher mitgebracht haben, alles ist Original und im perfekten Zustand. Mit diesem Radio wurde ein Problem gelöst. Man konnte jetzt die Nachrichten direkt aus der Heimat bekommen. Das Argentinische Tageblatt dauerte 15 Tage bis es in Eldorado ankam. Per Radio erfuhr man die Nachrichten aus Deutschland und alles über den Krieg. Die ganze Familie kam zusammen und erfuhr, wie sich der Krieg im Deutschen Reich entwickelte und auch wie Deutschland im März 1945 kapitulierte. Der Krieg war verloren. Für die Deutschen war es ein Trauertag und für die Gegner ein Festtag. Diesen Tag werde ich nie vergessen.

In Eldorado hat die Polizei das Deutschsprechen verboten. Sie konnte es jedoch nicht durchsetzen. Die Deutschen mussten ihre Waffen auf der Polizei abgeben. Nach einiger Zeit wurden die Waffen jedoch wieder zurückgegeben. Die guten Waffen haben jedoch schon den Besitzer gewechselt. Alle Deutschen mussten sich bei der Polizei vorstellen, die Autorität konnte sich jedoch nie richtig durchsetzen. Es wurden alle Besitztümer der Vereine, wie des Turnvereins, beschlagnahmt. In der Hindenburg Schule wurde der Unterricht verboten und samt dem Gebäude erst 1955 wieder frei gegeben. Aber in was für einem Zustand! So hat der Vorstand der Deutschen Schule das Gebäude an die Regierung verkauft. Alle deutschen Zusammenkünfte waren verboten, sowie Feste abhalten, Singen und Turnen. Sonst ging die Zeit nach dem Krieg jedoch friedlich vorüber, ohne Zwischenfälle.

1949 Eldorado
Eldorado 1949 

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Briefwechsel wieder vollständig aufgenommen. Seit der Auswanderung war ein Briefwechsel sehr selten möglich. Otto war der Mann, der den Briefwechsel aktiviert hat, denn man wollte wissen, wie die Verwandtschaft den Krieg überstanden hat. Das Glück war, dass Großgartach weitgehend vom Krieg verschont blieb. Von hier aus konnte man Liebespakete, wie man sie hier nannte, schicken. Am meisten geschickt wurden Zigaretten, Schokolade und Strickwolle. In Buenos Aires organisierten deutsche Reisebüros Liebespakete. So konnten die Leute wählen, Pakete mit Wäsche, mit Lebensmittel, oder gemischt oder nach Preisen gestaffelt. Otto sandte durch das Deutsches Reisebüro eine Reise ohne Sorgen (E.R.O.S.). Dieselbe Firma organisierte auch eine Sonderfahrt zur 800-Jahrfeier von München. Ich - Rudi reiste 1958 damit nach Deutschland und Großgartach, eine Reise um den Geburtsort zu besuchen, in dem meine Verfahren geboren wurden.

Otto, Eugenie und die Söhne Rudi und Alfred. Die Fahrt dauerte ungefähr 5 Tage von Eldorado bis Buenos Aires per Schiff. Von Eldorado bis Posadas mit dem Dampfer „Guayra“ bis Posadas. Hier wurde auf einen kleineren Dampfer bis zum Hafen von Corrientes umgestiegen, von hier wieder in ein größeres Boot die „Ciudad de Asuncion“ bis zum Hafen von Buenos Aires. Zurück wurde dieselbe Strecke gefahren, aber langsamer, weil es Flussaufwärts geht.

Es gibt kein schöneres Erlebnis, als bei einer Vollmondnacht mit dem Schiff auf dem Rio Parana zu fahren. Das muss man erlebt haben. Ich hatte das Glück, so eine Fahrt mit der „Guayra“ manchen zu können.

Als wir in Buenos Aires ankamen, war es an diesem Jahr politisch unruhig. 1946 war die Präsidentenwahl und die Straßen waren voller Unruhen, Streiks und die Geschäftshäuser waren besetzt. Alles war voll mit Plakaten „Viva Peron“. Die Straßen waren schmutzig und Peron wurde 1946 – 1952 als Präsident gewählt.

Mit der Unterkunft hatten wir Glück. Man empfahl uns eine Deutsche Pension, die vom Ehepaar Hölzel geleitet wurde. Unser Vater Otto zeigte uns den Hafen von Buenos Aires, die Darsena Norte, mit dem Schiff „Holm" und das Gebäude der Immigration, wo die Einwanderer 5 Tage gratis wohnen durften. In der Gegend von J. Varela war die Zigarettenfabrik Sati Sociedad Anonima Tabacchi Italiani, dessen Vertretung Otto in Eldorado und Umgeben gehabt hat. Der Gerente Mazonni und Jose Cabazzoli hatte uns die Führung durch die Zigarrenherstellung vermittelt, wo 600 Frauen im einem Saal Zigarren drehten. Dort die Marke „Tescano“ und die Zigaretten der Marke „Macedonia“ produziert, die ersten Zigaretten mit Filter, die die Firma auf den Markt gebracht hat. Herr Mazzoni hat uns ein Auto zu Verfügung gestellt, um uns die Stadt Buenos Aires zu zeigen. Es war eine sehr interessante und schöne Fahrt. Im Zentrum haben wir einige Museen besucht, den Regierungspalast (Casa Rosada), die Kathedrale und den Plaza Mayor.

Im Januar 1950 organisierten wir eine Reise mit zwei Autos nach San Carlos de Bariloche in der Provinz Neuquen. Die Familie Diem mit einer Limousine der Marke Chevrolet und Ehepaar Franz und Olga Amann mit ein Lieferwagen Marke International, beide Model 38. Am 3. Januar 1950 ging die Reise von Eldorado los. Über Posadas, Corrientes, Rosario und Buenos Aires ging es nach Bahia Blanca, Rio Colorado, Choele Choel, Piedra Buena, Stadt Neuquen, entlang dem Fluss Rio Limay bis Bariloche.

Barlioche ist eine Touristenstadt am Ufer des Sees Lago Nahuel Huapi, dicht an der Chilenischen Grenze. Gegründet wurde sie von einer deutschen Gruppe. Die Gegend ist ideal, um im Winter Ski zu fahren. Es wurden Exkursionen unternommen. Gewohnt haben wir in der Pension „Alemana", deren Besitzer Familie Reuter mit Sohn Hans waren. Sie liegt in einer herrlichen Naturlandschaft nicht weit vom Zentrum. Hans Reuter hat uns mit seinem Freund eingeladen, um den Cerro Lopez zu besteigen. Der Berg ist etwa 1 800 Meter hoch. Der Aufstieg zur Berghütte (Refugio) ging gut. Otto blieb in der Hütte und der Freund von Hans, Eugenie, Olga, und Alfred erreichten den Gipfel. Nur ich musste aufgeben, denn ich habe die Höhenkrankheit bekommen und musste aufgeben. Schade. Da war der Aufstieg zum Berg Cerro Otte leichter, denn da konnte man mit dem Auto bis zur Hütte rauffahren. Das war ein Restaurant mit wunderschöner Aussicht. Bei der Rückreise fuhren wir dieselbe Route wie wir gekommen waren. In den letzten Tagen vom Januar kamen wir in Eldorado an. Wir hatten 4 000 Kilometer hinter uns.

In der Kolonie Delicia, 35 Kilometer nördlich von Eldorado, kaufte Otto ein Stück Land mit 50 Hektar Wald. Hier wurden 10 Hektar Orangen gepflanzt. Ein starker Sturm zerstörte einige Hektar Wald und Orangenpflanzungen. Die zweite Katastrophe kam im Juli 1975, als die Orangenpflanzen erfroren und sich nie wieder erholt haben. Juan Villasanti und Sohn Leandro waren die Arbeiter. So wurde die Chara aufgegeben.

Eugenie ging 1986 in die Altensiedlung der Evangelischen Johannes Gemeinde, Kilometer 10, wo sie ihren Lebensabend verbracht hat. Am 21. April 1990 verstarb sie dort.

Alfred hat das Land von Delicia als Zahlung gegeben. Im Dezember 1946 wurde Kapitän Stefan Oberling mit seinem Motorboot gemietet, um zu den Iguazu Wasserfällen zu fahren. Es nahmen die Familie Siegel, Familie Möller und ein Ehepaar, die ihre Hochzeitsreise machten, daran teil. Wilhelm, Rudi, Opa mit Enkel waren die Passagiere. Wir waren zwei Wochen unterwegs. Das Boot war unsere Unterkunft. Der Parana hat so wunderschöne Sandbänke. Es gab nichts Schöneres, als an einer Sandbank bei Tag zu kampieren. Am Schönsten war es jedoch bei einer Vollmondnacht. Da glitzern die Sandbänke und der Paranafluss. Im Hafen von Iguazu hat unser Kapitän den Anker geworfen. Bis zu den Wasserfällen waren es noch 22 Kilometern. Straßen gab es nur als schlechte Wege durch den Urwald. Unser Transportmittel war ein klappriger alter Omnibus ohne Stoßdämpfer. Als wir bei den Wasserfällen ankamen, waren die ganzen Strapazen dieser Fahrt vergessen. Jetzt sind wir in Parque National del Iguazu, das einmaligste Weltwunder der ganzen Welt. Von unten kann man die Wasserfälle sehen, aber auch von oben. Zu Fuß sind es fünf Kilometer. Über den ganzen Fluss verteilen sich 239 Wasserfälle. Der höchste und schönste hatte 80 Meter Höhe. Um diesen Fall zu sehen, mussten wir einige Kilometer mit dem Auto fahren. Oberhalb der Fälle ist ein Lagerplatz (Campamento), den man Puerto Canela nennt und oberhalb von Garganda del Diablo liegt. Von hier aus kann man ein Boot zu den Fällen mieten. Diese Männer beherrschen die Boote mit solch einer Sicherheit. Der kleinste Fehler wäre der Tod. Nur wenige von unserer Gruppe haben es gewagt, diese außergewöhnliche Bootsfahrt zu unternehmen. Ich wagte es und habe es nie bereut. Als wir im Boot saßen und die zwei "Prakticas“ uns zum Garganda führten, wurde es mir ganz anders und ich hatte Angst. Es verlief jedoch alles gut, hin und zurück. Das war ein Gefühl, als ich am Rande stand und in die Tiefe schaute und sah, wie gewaltig das Wasser 80 Meter in die Tiefe stürzte. Der Fall hat den Namen Teufelsschlund „Garganda del Diablo“. Der Fluss Iguazu öffnet sich und bildet einen Kreis von 3 Kilometer in dem 239 Wasserfälle in die Tiefe stürzen. Die größten Fälle sind, Garganda del Diablo, Bosetti, San Martin, Tres Mosqueteros, Escondido und Dos Hermanas.

Die Schifffahrtsgesellschaft Mihanovic baute für ihre Passagiere ein Hotel und einen 22 Meter hohen Aussichtsturm.

Als wir von unserer Fahrt zu den Fällen zurückkamen, waren alle sehr Müde aber glücklich nach so einem schönen und anstrengenden Tag. Nicht zu vergessen, den Regenbogen um die Mittagszeit über dem Wasserfall San Martin. Unser Kapitän Stefan Oberling servierte als Aperitif ein Mate a Bompilla (Mate mit dem Röhrchen, traditional) anschließend gab es einen Eintopf (Guiso). Dies war der anstrengendste Tag der ganzen Reise. Man hat sich untereinander die Erlebnisse des Tages erzählt. Die Mannschaft zog sich zurück und so langsam wurde es still. Nur ein Mann musste Wache halten, auch tagsüber, so wie es auf den Schiffen üblich ist.

Yerba Mate2 kl

Traditionelle Yerba Mate Zubereitung

Der Hafen von Iguazu hieß zuerst Puerto Aguirre. Unter der Peron Regierung wurde 1947 der Name geändert und er hieß Puerto Eva Peron. Nach dem Regierungssturz 1959 wurde er in Puerto Iguazu geändert.

Am Tag nach dem Ausflug zu den Wasserfällen wurde eine Pause gemacht, um am nächsten Tag die Rückreise anzutreten. Wilhelm, Rudi, Klara und Emil Siegel, haben die Dreiländergrenze besichtigt. Brasilien, Paraguay und Argentinien. Das Zentrum von Iguazu war sehr wenig besiedelt. Außer zwei Hotels und einigen Lagerhäusern gab es nicht viel. Touristen gab es wenige. Herr MöIIer hat Proviant für die Rückreise eingekauft.

Die Rückreise begann. Bei der ersten Sandbank wurde Halt gemacht und die Frauen haben ein gutes Mittagessen zubereitet. Einige der Männer haben gefischt. Der Fang wurde am Spies gebraten. Nach einer Siesta ging die Fahrt weiter. Während der Fahrt wurde öfters Halt gemacht, bis wieder ein schöner Lagerplatz zum Kampieren kam. Er war auf der Paraguay-Seite an der Mündung eines Flusses in den Parana. Es gab einen wunderschönen Wasserfall und einen schönen Badeplatz. Die Mannschaft hat beschlossen, dort länger zu Kampieren. Es war zu schön. Bei schönem Wetter, einer herrlichen Naturlandschaft und Stille wurde viel gebadet und gefischt. Es war eine fröhliche gute Kameradschaft. Dank an die Frauen, die so gute Mahlzeiten zubereitet und uns alle bedient haben. Dank auch den Fischerjungs, die einen guten Fisch fingen und an unseren Kapitän Stefan Oberling, der uns mit sicherer Hand mit seinem Boot durch den Parana Strom geführt hat.

Nach einem Jahr organisierten sich vier Familien. Otto, Eugenia, die Söhne Rudi und Alfred, Franz und Olga Amann, Robert, Emilie und Kinder Hilde, Irma, Luise und Hans Weckerle, Albert und Adelheid Schlagenhaufer. Dieses Mal mit vier Autos. Die Staatsstraße Ruta, 12 war noch im Ausbau und der Verkehr war noch nicht freigegeben. So mussten wir schriftlich durch den Automobilclub eine Genehmigung vom Straßenbauministerium in Buenos Aires bekommen. Diese Genehmigung übergaben wir dem Architekten, so dass die vier Autos nach Iguazu fahren konnten. Wir haben für die 120 Kilometer einen halben Tag gebraucht. Das war eine Expedition durch den Urwald, durch Bäche ohne Brücken. Es kam auch vor, dass ein Auto festgefahren war. Trotzdem kamen alle vier Autos gut an. Vor den Wasserfällen „Dos Hermanas“ war ein freier Platz zum Kampieren. Direkt vor den Wasserfällen. Rings herum war Wald zwischen Bambus. Unter den Fällen war ein Loch von acht Metern Tiefe. Darin konnte man schwimmen. Es war auch für Nichtschwimmer geeignet und ideal, um Wäsche zu waschen und das Geschirr zu spülen. Wir waren über eine Woche dort. Bei Sonnenschein war es wunderschön und bei Nacht sahen wir einen Regenbogen. Er war einfarbig weiß. Wir haben auch ein Gewitter erlebt. Dies war nicht angenehm. Zum Glück ging es gut vorüber, aber auch ein einmaliges Erlebnis. Ich habe in meinem Leben nie mehr so ein Naturwunder erlebt. Wir verbrachten eine wunderschöne Zeit mit Abenden am Lagerfeuer und mit Mate, der von Mund zu Mund ging. Der Mate hat nie gefehlt. Bei jeder Gelegenheit ging der Mate um die Runde. Das hat sich schnell eingebürgert. Der Mate bindet die Freundschaft.

Damals waren wenig Touristen, die die Falle besichtigten, jedoch Kolonisten von der Provinz. Die haben sich zusammengeschlossen und mieteten einen Lastwagen. Sie kampierten vor den Fällen „Dos Hermanas“ und blieben um die zwei Wochen. Die Kolonisten haben sich gut amüsiert. Da ging es immer lustig zu mit ihren Gitarren, Ziehharmonikas und mit viel Humor. Es wurde gesungen und getanzt, dass der Boden gewackelt hat. Auch fehlte der Mate nicht und danach ein Schluck Schnaps. Hier konnte man meinen, man ist auf einem Marktplatz. Lebende Hühner zum Schlachten haben sie mitgebracht, sowie Ferkel für den Asada (Spießbraten) durften auch nicht fehlen, sowie der Vinito (Wein) zum Verdauen. Das ist so üblich hier zu Lande. Unsere Kolonisten haben diese Sitte schnell akzeptiert.

Bei solchen Treffen entstehen schnell Freundschaften mit anschließendem Briefwechsel. Auch werden Adressen ausgetauscht. Das waren schöne Zeiten.

Unsere Leute brachen zur Rückreise auf, aber es wurde noch ein Abstecher zum Hafen von Iguazu gemacht und von hier aus noch ein kleiner Besuch nach Foz do Iguazu Brasilien gegenüber vom Hafen. Um auf die andere Seite zu kommen, musste man mit dem Boot übersetzen. Die Zollbeamten waren Polizisten, die kaum lesen und schreiben konnten. Sie haben den Reisepass hin und her gedreht und wussten nichts mit diesem Ding anzufangen. Sie hatten keine Lust, uns die Einreise zu genehmigen. Das Problem war die Sprache. Nach langem Schweigen sagten sie ja. Jetzt geht es los mit einem Lastwagen, acht Kilometer durch eine Urwald-Pikade. Der LKW war in einem furchtbar schlechten Zustand. Man meinte er fällt jeden Moment auseinander, aber der Motor ging. Schließlich kamen wir in der Kolonie Foz Do Iguazu an. Das größte Gebäude war eine Militärkaserne und einige Geschäfte in denen unsere Leute günstig einkaufen konnten. Die meisten Leute arbeiteten im Wald und hatten ein kleines Stückchen Land. An dieser Fahrt haben von unserer Gruppe 10 Personen teilgenommen. Auch ich war dabei.

Zurück in Iguazu, ging die Fahrt weiter bis Puerto Esperanza, wo Otto ein Schuppen gebaut hat, um Tabak aufzukaufen. Wir übernachteten im Schuppen. Die Kinder blieben im Schuppen unter Aufsicht von Oma Wilhelmine. Die Erwachsenen gingen auf einen Sprung hinüber zur Pension „Husfeld“, um ein Bier zu trinken. Sie trafen einige Bekannte und daraus wurde ein lustiger Abend. Früh am nächsten Morgen kam Herr Lübner vorbei. Diesem Mann hatte Otto ein Pferd verkauft. Dadurch kannten sie sich schon, denn er war am Vorabend beim Bier trinken dabei. Er sagte, dass er am vorigen Abend Leute aus Eldorado getroffen habe und es sei lustig gewesen. Da sagte Otto, das waren wir.

Die Geschichte von diesem Pferd ist einmalig. Ein Mann kaufte das Pferd in der Provinz Santa Fe und ritt 1 000 Kilometer bis nach Iguazu zu den Wasserfällen. Auf dem Rückweg, in Puerto Esperanza, traf dieser Reiter im Hotel „Husfeld“, wo er übernachtete, Herrn Lübner. Er bietet Herrn Lübner sein Pferd zu Verkauf an. Dieser kaufte es, denn der Preis war sehr günstig. Nach Monaten offeriert Herr Lübner Otto das Pferd und wieder wurde das Geschäft im Hotel „Husfeld“ abgeschlossen. Das Problem war nun, wie bringt man das Pferd nach Eldorado? Es sind 60 Kilometer. Herr Lübner hat es nach Eldorado geritten. Es war ein starker gut gepflegter Gaul. Hier musste er jetzt einen zweirädrigen Karren ziehen, um die Tungernte einzufahren.

1957 verfügte das Nationale Luftfahrministerium durch ein Dekret, dass in Eldorado eine Fluglandebahn für große Flugzeuge gebaut wird. Die Bahn hatte eine Länge von 1 600 Meter, natürlich im Württemberger Tal. Es war große Aufregungen, denn jeder unserer Leute musste 33 000 Quadratmeter Land abgeben. Und noch dazu das beste Land, denn in dieser Höhe gefriert es nicht. Die ganze Zone war mit Tung bepflanzt und im besten Ertrag.

Für das gute Land war der Preis unterbezahlt und außerdem mussten die Geschädigten fast ein Jahr auf ihr Geld warten. Aufgrund der Geldentwertung wurde der Peso immer weniger wert. Deshalb entschloss sich Otto, eine Chacra von Finkarten auf Kilometer 25 zu kaufen. Es waren 32 Hektar, 5 mit Yerba, 12 mit Tung und der Rest Wald. Diese Chacra war sehr steinig, für Yerba wenig geeignet. So wurde das Land wieder an eine Firma der Provinz Entre Rios verkauft. Diese war auf meinen Namen geschrieben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veranlasste die Argentinischen Regierung per ein Dekret, dass alle Ausländer, die Kinder haben und in Argentinien geboren sind, einen Besitz auf den Namen der Kinder haben müssen. Otto kaufte 20 Hektar Wald auf meinen Namen an der Hauptstraße Kilometer 21. Im Hinterland wurden vier Hektar geschlagen und Ananas gepflanzt. Die Früchte wurden an eine Fabrik in Wanda Misiones verkauft. In der Fabrik wurden sie in Latten eingelegt. Das ging zwei Jahre lang, dann machte die Firma Bankrott.

Die Zeiten wurden schwieriger, als Otto und Eugenie 1972 in Deutschland waren. Otto ließ sich in der Universitätsklinik am Kopf wegen Parkinson operieren. In dieser Zeit zeigte der Peonn von der Chacra auf Kilometer 23, Clemente Galeano, Otto auf dem Arbeitsamt an. Da er in Deutschland war, musste ich zum Amt und ihn in seiner Abwesenheit vertreten. Galeano verlangte vor Gericht, ich soll ihm die Indemnisation (Schadenersatz) auszahlen. Er hat einige Jahre auf der Chacra gearbeitet. Ich war in einer schwierigen Situation. So ging ich zur Advokatin Doktora Pliegas. Sie übernahm das Problem und hat es in Frieden gelöst. So habe ich das Land auf Kilometer 21 überschrieben. Galeano war nicht ganz einverstanden. Aber sonst hätte er gar nichts bekommen. Nach ein paar Jahren hat er das Land an seinen Nachbarn Bezler wieder verkauft.

Nach 11 Jahren hat die Provinzregierung das Land erst überschrieben und wir haben unbewusst 10 Jahre, ohne es zu wissen, die Steuer bezahlt.

Den Flugplatz verwaltet der Aero Club Eldorado. Den Kontrollturm baute die Regierung und es wurde auch ein Beleuchungsturm eingerichtet, so dass auch bei Nacht Flugzeuge landen konnten. Leider wurde die Installation gestohlen. Als das Gelände für den Flugplatz überschreiben wurde, wurde uns versprochen, wir bekämen einen Freiflug zu den Iguazu Wasserfällen. Darauf warten wir bis heute noch. „29. September Aeroparque“ ist der Name des Flugplatzes, denn er sollte das Tor von Iguazu sein, um den Flughafen Iguazu zu entlasten. 1968 landeten die ersten Flugzeuge (Piper). Die Fluggesellschaft Aero Chaco aus der Provinz Chaco eröffnete die Linie Resistencia Chacho, Posadas, Eldorado, Iguazu. Das war eine Idee von unseren Kommunalbeamten, um den Tourismus zu fördern. Durch die schlechte Organisation blieb der Tourismus jedoch aus.

Jetzt ist es soweit, dass die Flugzeuge landen können, aber Otto hatte 33 000 Quadratmeter Land verloren, auf dem Tung gepflanzt war. Es war ein großer Schaden. Von den 10 Hektar bleiben jetzt noch 6 einhalb Hektar Tung in Produktion.

Im Jahr 1950 eröffnete Herr Haak, wohnhaft im Schöntal auf Kilometer 25, eine Omnibusline, die einmal in der Woche vom Schöntal über die Württemberger Pikate bis auf Kilometer 9 und zurückfuhr. Er hatte die Linie an die Firma Empresa de Transporte de Colectivo Eldorado (E.P.C.E.) Linea 1 angeschlossen. Diese Linea kreuzte auf Kilometer neun und fuhr einmal am Tag durch das ganze Württemberger Tal bis zur Chacra Mattes auf Kilometer 31 hin und zurück. Später fuhr die Linie zweimal, morgens und abends. Der Chauffeure war Heini Moser, der am längsten diese Strecke fuhr.

Die Omnibusse wurden hier in Eldorado gebaut. Auf einen Lastwagen baute Henri Diesel eine Karosserie aus Holz. Die Sitze hat er auch selbst aus gegerbtem Kuhleder gemacht. Die Fenster wurden mit Stoff bespannt. Deshalb war es im Winter innen kälter als außen. Von bequemem Reisen konnte keine Rede sein.

Am 5. August 1952 wurde die Cooperativa Electrica de Eldorado gegründet. Im Jahr 1950 bekam die Pikade eine elektrische Leitung bis zur Oleaginosa. Es mussten sich 10 Mitglieder verpflichten, die Ausgaben dazu zu finanzieren. So wurde es möglich, dass unsere Pikade elektrisches Licht bekommen hat. Später schlossen sich noch mehrere an. Im Jahr 1974 gab es die ersten Fernsehapparate in der Pikade. Der erste Sender war Canal 12 aus Posadas Misiones. Die Antennen mussten über 20 Meter hoch sein, wenn man etwas sehen wollte. Wichtig war allen, dass man gut die Fußball Weltmeisterschaft sehen konnte. Als später die Cooperativa Electrica das Fernsehen auch übernommen hat, wurde es besser.

Die Instandhaltung der Pikade wurde immer problematischer. Das Bearbeiten der Wege mit Plug, Spaten und Hacke reichte nicht mehr aus. Die Pikade wurde immer mehr belastet. Adolfo Julio Schwelm hat eine Wegekommission gegründet. Er war Präsident und Alfred Stäger war der Verantwortliche, um die Wege instand zu halten. Auf Kilometer 11 war das Verwaltungsbüro und auch ein Lagerschuppen. Adolf J. Schwelm besorgte für diese Gegend einen Traktor Cletrag. Dieser hatte spezielle Ketten anstatt Räder und fuhr mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometer in der Stunde. Außerdem kam ein 4-rädriger Pflug mit einem Messer, um die Erde eben zu schieben, zum Einsatz. Der Pflug wurde mit dem Traktor gezogen. Alois Burchhard steuerte den Pflug und den Traktor Alois Vollmer.

Im Jahr 1964 kehrten Karl und Emma wieder nach Großgartach zurück, um ihren Lebensabend in der alten Heimat zu verbringen. So war die Familie Werner wieder beisammen, denn Frieda war dort mit Helmut Otto verheiratet. Seine Chacra hat er seinem Enkel Dieter Knobloch vererbt.

Otto musste einmal im Jahr per Schiff nach Posadas reisen, um im Finanzamt die Steuererklärung zu machen, denn der Tabak, den Otto aufgekauft hatte wurde kontrolliert.

Otto hat seine Aktivitäten krankheitshalber seinem Sohn Rudi übergeben. So überschrieb er die Chacra und hat alles abgegeben. Es machte Rudi weiter. Otto reichte seine Argentinische Rente ein, hat sie jedoch nicht mehr erlebt, denn drei Tage nach seinem Tod bekam er sie. Die Doktora Pliegas hat für Eugenie die Pension von Otto für 6 Monate bekommen. Otto wurde immer kränker und starb am 15. Februar 1975 in Eldorado. Eugenie wohnte in ihrem Haus und 1987 ging sie in die Altensiedlung auf Kilometer 10 der Evangelische Johannes Gemeinde Eldorado. Eugenie starb am 21. April 1990 in Eldorado mit 79 Jahren und 9 Monaten. Beide wurden in Evangelischen Friedhof der Johannes Gemeinde beerdigt.

Otto war ein sehr umtriebiger Mann. Beim Turnverein war er aktiv. Im Sport holte er mehrere erste Preise. Auch war er im Vorstand, er war Präsident. Die Kriegszeit war eine sehr schwere Zeit. Deutsch zu sprechen war verboten und zum Ende des zweiten Weltkriegs wurde Hab und Gut des Vereins beschlagnahmt. Der Verein wurde ein Jahr geschlossen. Die Polizei kam und kontrollierte, ob Nazipolitik betrieben wurde. Aus Angst, dass sie bestraft werden, hatte der Vorstand alles verbrannt, sogar Aktenbücher, sowie Deutsche Bücher aus der Bibliothek des Vereins. Otto war der Gründer der Bibliothek und hatte sich sehr große Mühe gemacht, über das Deutsche Auslandsamt Bücher zu bekommen. Die deutschen Bücher wurden gerne und viel gelesen. Die übrigen Bücher wurden 2014 der Union Cultural y Deportiva zum Lesen zur Verfügung gestellt.

Otto war 30 Jahre aktives Mitglied und Gründungsmitglied der Cooperativa Agricola Eldorado. In seinem Haus wurde sie am 29. März 1931 gegründet. Er war Mitglied bis zu seinem Tod. Er war auch Corresponsal vom Ministerio de Agricultura de la Nacion, Zone Eldorado. Vom Bürgermeisteramt (Munucipalidad) wurde ihm für seine Pionierleistung für die Kolonie ein Ehrendiplom überreicht. Er bekam auch drei Diplome von Grisel de Razas. Jedes Jahr am 29. September, dem Gründungstag von Eldorado wurde ein Mittagessen (Asado) für Pioniere organisiert.

Eugenie hat mit 18 geheiratet und war 47 Jahre verheiratet. Sie ist im Jahre 1923 mit ihren Eltern Friedrich und Wilhelmine Weckerle am 20. August zusammen mit ihren Geschwistern Christine, Marta, Hulda, Robert und Nina in Eldorado eingewandert.

Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch Pionierfrauen gab, die sehr viel geleistet haben. Ohne ihren starken Glauben, wäre dies alles nie möglich gewesen und wäre nie zustande gekommen.

Lokale Agenda 21

Arbeitskreis Stadtgeschichte
Eine Initiative für die Stadt Leingarten


Agenda ist ein lateinisches Wort und bedeutet "Was zu tun ist". Die Zahl 21 steht für das 21. Jahrhundert.

Der Arbeitskreis LebensRaum beschäftigt sich u.a. mit der Historie der beiden ehemaligen Orte Großgartach und Schluchtern und den Besonderheiten der heutigen Stadt Leingarten. Es ist ein natürlicher Prozess, dass das Wissen über die Vergangenheit verblasst und allmählich verschwindet. Dieses Wissen zu bewahren und zusammen mit den heutigen Merkmalen dieser Stadt jedem zugänglich zu machen, sind Teile der Aufgaben des Arbeitskreises. Daraus entstand die Idee für diese Homepage.

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"Aus erlebter Vergangenheit beginnt Geschichte zu werden" 
Roman Herzog


Leingarten hat eine Jahrtausend lange Geschichte, die wir mit der Lokalen Agenda 21 aufbereiten und der Bevölkerung digital zugänglich machen wollen.

Erlebte Vergangenheit hat jeder Bürger der Stadt Leingarten. Viele wissen etwas zu erzählen, was in der Vergangenheit so war - und wir müssen aufpassen, dass dieses Wissen nicht verschwindet.

Deshalb - wenn Sie historische Bilder, Geschichten oder Unterlagen von den beiden ehemaligen Dörfern Großgartach und Schluchtern haben, wären wir dankbar, davon eine digitale Kopie anfertigen zu können.

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Museum "Altes Rathaus"

des Heimatvereins Leingarten


Sind Sie an der Geschichte von Leingarten und an Ausstellungen zu verschiedenen Themen interessiert?
Dann besuchen Sie doch einmal das Museum im Alten Rathaus, das im Jahre 2020 einen Erweiterungsbau bekommen hat.

Infos: Webpage Heimatverein Leingarten