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Christoph Anton von Wolff (1818-1893)

Geboren am 17. Januar 1818 in Großgartach, gestorben 20. September 1893
Ritter I. Klasse und Regierungspräsident

Werdegang von Christoph Anton von Wolff
1837 bis 1838 Besuch des Obergymnasiums in Stuttgart
1838 bis 1841 Studium der Rechts-und Staatswissenschften auf der Eberhard Karls Universität Tübingen
1841 Erste höhere Dienstprüfung
1843 Zweite höhere Dienstprüfung
1843 bis 1851 Oberamtsaktuar und später Regierungssekretär beim Oberamt Ulm
1851 Oberamtsverweser in Biberach
1851 Erste Oberamtmannstelle beim Oberamt Tettnang
1854 bis 1858 Oberamtmann in Heidenheim
1858 bis 1866 Oberamtmann in Esslingen
1866 Leiter der Inneren Verwaltung bei der Stadtdirektion Stuttgart, zuletzt als Oberregierungsrat
1878 bis 1883 Regierungspräsident des Jagstkreises in Ellwangen
1883 bis 1889 Regierungspräsident des Donaukreises in Ulm

Ehrungen und Auszeichnungen: 
1865 Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichs-Ordens
1866 Ernennung zum Regierungsrat
1867 Ritterkreuz des Ordens der württembergischen Krone, welches mit dem persönlichen Adelstitel (Nobilitierung) verbunden war
1870 Ritterkreuz mit Krone des Ordens der württembergischen Krone
1873 Preußischer Kronorden 2. Klasse
1888 Kommenturkreuz des Ordens der württembergischen Krone
Kriegsgedenkmünze 1870/71
Kaiserlich Russischer St.-Annen-Orden 2. Klasse
Kaiserlich Russischer Sankt-Stanislaus-Orden 2. Klasse

Quelle: Wikipedia


Otto Bögel schrieb einen Artikel über Christoph Anton von Wolff, erschienen: "Unterm Heuchelberg - Nr. 52 - Februar 1983:

Auch Großgartach kann Adelige aufweisen

Das muß zwar nicht unbedingt ein Glück sein, aber die Überschrift stimmt - jedoch mit Einschränkungen. In den Ortsbeschreibungen des früheren Königreichs Württemberg war am Schluß jeder einzelnen Gemeindebeschreibung manchmal angefügt: „Hier ist geboren ... und dann folgte der Name - falls tatsächlich ein Sohn der Gemeinde eine gewisse Bedeutung erlangt hatte. Bei Großgartach war dies der Fall, erwähnt war der Christoph Anton von Wolff, zuletzt Regierungspräsident in Ulm. Geboren am 17. Januar 1818 in Großgartach, gestorben 20. September 1893 in Stuttgart.

Über sein Leben, das mich schon als jungen Mann interessiert hätte, habe ich folgendes erfahren können: Um das Jahr 1800 lebte das Ehepaar Anton Wolff und Regina geb. Nolff. Ihr Anwesen hatte noch den richtigen Charakter eines Hofes. Wohnhaus, Scheune, Hofraum waren nicht, wie in vielen anderen Fällen, unterteilt, sondern stattlicher Alleinbesitz, der an der Ecke Heilbronner Straße - früher Mühlgasse, heute noch zu sehen ist. Das Wohnhaus wurde nach dem II. Weltkrieg abgerissen und neu aufgebaut, jetzt lebt die Familie Nagel auf einem Aussiedlerhof. Vor dem ersten Weltkrieg waren die Besitzer noch allgemein bekannt als „s‘ Antunis", d.h. die Anton Wolffs.

In diesem Hof wurde also Christoph Anton vor rund 160 Jahren geboren. Er hatte noch 4 Geschwister, lauter Buben. Eine davon starb schon mit 7 Jahren, zwei andere verheiratete sich später nach auswärts, einer bekam den Hof. Christoph Anton war jedoch anscheinend so begabt, daß er in das Gymnasium nach Heilbronn gehen konnte, das letztere ganz wörtlich zu nehmen, eine Eisenbahn gab es noch lange nicht. Anscheinend war man auch so vermögend, daß man ihn dann anschließend studieren lassen konnte – Kameralwissenschaft. Nach bestandenem Examen meldete er sich in Großgartach als Referendar ab. Über seine Heirat, Kinder, Familienleben konnte ich leider nichts erfahren, ebenso wenig über die einzelnen Stationen seiner Dienstlaufbahn. Anscheinend hat er sich jedoch recht gut bewährt, denn wir treffen ihn wieder als Stadtdirektor von Stuttgart. Das war schon eine hohe Stellung. Er war damit ein Repräsentant der Regierung, mit einer Spitze der Stadtverwaltung. In dieser Zeit war er auch Landtagsabgeordneter für den Oberamtsbezirk Esslingen. Den Gipfel seine Karriere erreichte er mit der Ernennung zum Präsidenten des Donaukreises mit dem Sitz in Ulm. Württemberg war damals in vier Kreise (Regierungsbezirke) eingeteilt, den Neckar-, Schwarzwald-, Jagst- und Donaukreis; diese etwas bürgerfremde Einrichtung wurde erst 1924 abgeschafft. Wenn man häufig die Wahrnehmung macht, daß verdienstvolle Männer erst nach ihrem Tode gewürdigt werden, so stimmt das in diesem Fall nicht.

Christoph Anton Wolff erhielt den Personaladel (also den Adel auf Lebenszeit); folgende Ehrungen, meist am Geburtstag des Königs verliehen, wurden ihm zuteil:
1865 „Ritter I. Klasse des Friedrichsordens."
1870 „von Wolff wird 1870 Ritter erster Klasse der Krone, dazu die Krone des Ritterkreuzes."
(Die Krone wurde zusätzlich verliehen.)
Außerdem erhielt er die kaiserlich deutsche Kriegsdenkmünze für den deutsch-französischen Krieg von 1870/71.
Er war Ritter des preußischen Kronenordens 3. Klasse,
Komtur und Ritter 2. Klasse des russischen St.-Annen-Ordens,
Komtur und Ritter 2. Klasse des russischen St.-Stanislaus-Ordens.

Wie aber kam er zu den russischen Orden?
Hier muß man wissen, daß zwischen der russischen Zarendynastie und dem württembergischen Königshaus enge verwandtschaftliche Bindungen bestanden:
König Wilhelm I. hatte als Kronprinz die Großfürstin Katharina, die Tochter des Zaren Paul, geheiratet. Die leider nur kurze Ehe war glücklich; Katharina lebte im Gedenken des Volkes noch lange fort als fürsorgliche Landesmutter. Eine ihrer beiden Töchter heiratete später den Grafen Alfred von Neipperg. Der nachfolgende König Karl hatte ebenfalls eine russische Prinzessin zur Gemahlin, die Tochter Olga des russischen Zaren Nikolaus I., eine kluge und politisch rege Frau.

Daß unter solchen Umständen bei Empfängen und Veranstaltungen auch der Stadtdirektor bestimmte Aufgaben hatte und deshalb auch für ihn Gunstbeweise abfielen, läßt sich denken. Den „Käsreitern" als Pferdefreunden aber darf ich in diesem Zusammenhang sagen, daß einer der russischen Verwandten der in der Nähe von Odessa seinen Besitz hatte, dem König Wilhelm eine Herde Araberpferde schenkte, die Zucht, allesamt Rappen, stand im Gestüt Weil bei Esslingen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde dieses aufgelöst, die Pferde verkauft.

Erhalten geblieben ist uns der Bericht über die Beerdigung des Christoph Anton von Wolff.

Dieser ist trotz aller inhaltlichen Dürftigkeit doch aus mehreren Gründen wieder interessant. Er zeigt nämlich einerseits, daß die vornehmen Trauergäste anscheinend damals den Anspruch erhoben oder es so gewohnt waren, im nachfolgenden Zeitungsbericht auch namentlich genannt zu werden. Die Teilnahme an der Begräbnisfeier brauchte also nicht nur eine Ehrung des Toten zu sein, sondern zahlte sich auch für das eigene Ansehen aus. Andererseits erfahren wir kaum Einzelheiten aus dem Leben des Verstorbenen, welche Gründe das auch haben mag. Und nun der Bericht selbst:

Stuttgart, Freitag, 22. Sept. 1893.
Beerdigung. Heute Vormittag 11 1/2 Uhr wurde Regierungspräsident a.D. v. Wolff, früher langjähriger Stadtdirektor von Stuttgart, auf dem Pragfriedhofe unter großer Beteiligung hervorragender Persönlichkeiten zur letzten Ruhe bestattet. Dem reich bekränzten Sarge folgte ein Blumenwagen mit zahllosen Beweisen treuer Anhänglichkeit. Das prachtvoll geschmückt Grab umstanden namentlich Angehörige der Ministerien des Innern und der Finanzen; Mitglieder der Kammer der Abgeordneten, sowie zahlreiche Offiziere. U.a. waren anwesend: Kammerpräsident v. Hohl, Geh. Rat v. Hofacker, Staatsrat Pischek, Präs. v. Gaupp, Ob.Reg. RatStadtdir. Klaiber. Ferner waren anwesend: der kommandierende General v. Wölcken, die Generale von Haldenwang, Frhr. Pergier v. Perglas, die Oberste v. Faber, v. Heinrich. Auch viele frühere Untergebene des Dahingeschiedenen standen am Grabe. Während der Einsenkung des Sarges spielte Posaunenmusik „Es ist bestimmt in Gottes Rat", worauf Stadtpfarrer Plieninger die Grabrede hielt, in welcher er den Lebensgang des Dahingeschiedenen zeichnete.
Wolff war geboren am 17. Januar 1818 zu Großgartach, er erreichte somit ein Alter von 75 Jahren und konnte am Ende auf ein Leben vieler Arbeit, aber auch vielen Erfolges zurückblicken; aus einfachem Anfang ging es zu verantwortlichen Ämtern und zu hohen Ehren. Nach 47jähriger amtlicher Tätigkeit trat er in den wohlverdienten Ruhestand, lebte zuerst in Cannstatt, zuletzt in Stuttgart und fand seine höchste Freude in dem Familienglück seiner Kinder, im Umgang zahlreicher Freunde und im Genusse der Natur auf regelmäßigen häufigen Spaziergängen. Im Frühjahr dieses Jahres erhielt seine Gesundheit den ersten Stoß; die gesuchte Hilfe in Wildbad fand er nicht und bei einer Lungenentzündung brach seine Kraft zusammen; mit Wehmut sahen ihn seine Freunde ins Grab sinken! - Die Musik spielte zum Schluß „Es ist vollbracht", und tief bewegt verließ die Trauerversammlung die Grabstätte.
Soweit der Bericht.

Welche Stellung und welche Aufgabe hatten aber eigentlich ein Stadtdirektor, höre ich manchen fragen. Nun bestimmt nicht die eines leitenden städtischen Kommunalbeamten, wie es ihn in manchen Städten Norddeutschlands auch heute noch gibt. Er war vielmehr staatlicher Aufsichtsbeamter für die Stuttgarter Verwaltung. Aber darf ich dazu etwas weiter ausholen?

Wenn ich früher mit meinen Schülern das sehenswerte Ludwigsburger Schloß besuchte, so löste der Schreibtisch des Kurfürsten, späteren Königs Friedrich, immer große Heiterkeit aus, weil die Tischplatte eine Einbuchtung hatte, in welcher der Fürst seinen Bauch unterbringen konnte, und er damit näher an die zur Unterschrift vorgelegten Dokumente herankam. Er soll unter anderem auch die Meinung vertreten haben, eine Ente sei ein ungeschickter Vogel, eine davon sei zum Gabelfrühstück (Vormittagsvesper) zu wenig, zwei zu viel. - Nun war aber Friedrich keineswegs nur ein Genießer, sondern auch ein kluger, allerdings durch und durch absolutistischer Herrscher. Er verlegte die Residenz wieder von Ludwigsburg nach Stuttgart und ordnete an, daß dieses in die Reihe der „guten Städte" aufgenommen wurde; dazu gehörten schon Ludwigsburg, Tübingen, Ellwangen, Ulm, Heilbronn und Reutlingen. Mit dieser Auszeichnung war das Recht verknüpft, zur Ständeversammlung zusätzlich einen eigenen Abgeordneten zu wählen, dazu einen für den Oberamtsbezirk, wie allgemein üblich. Mit der Gewährung einer erweiterten Selbstverwaltung ging es jedoch nur langsam vorwärts. Der Stadtschultheiß (Oberbürgermeister) wird, bis 1891, vom König aus drei von den Bürgern der Stadt gewählten Kandidaten ernannt. Auch König Wilhelm I., der Sohn König Friedrichs, war, trotz persönlicher Lauterkeit, großen Fleißes und einfacher Lebensführung im Grunde eine autoritäre Persönlichkeit. In der Verfassungsurkunde von 1819 heißt es: „Die Gemeinden sind die Grundlagen des Staats-Vereines …           ihre Arbeit geschieht unter der Aufsicht der Staatsbehörden ... Der König ist das Haupt des Staates, heilig und unverletzlich". Aber nun wieder zurück zu unserem Landsmann.

Der Obervogt aus alten Zeiten, Oberamtmann, wurde ab 1811 Stadtdirektor, der unmittelbar dem Innenministerium unterstand, bis er nach der Gründung der Kreise, der schon erwähnten vier Regierungsbezirke, dem Präsidenten des Neckarkreises unterstand. Erst diese Behörde hatte dann die innere Verwaltung und die Polizei, die Prüfung des Gemeindehaushalts und der Bürgerbeschwerden in ihren Aufgaben. Als Abschluß und Höhepunkt seiner Beamtenlaufbahn wurde Christoph Anton von Wolff Präsident und Leiter einer solchen Behörde, allerdings nicht in Stuttgart, sondern in Ulm.

Wie entwickelte sich aber seine Großgartacher Verwandtschaft weiter und wer gehört da heute noch alles dazu?

Wir haben festgestellt, daß einer von seinen Brüdern in Großgartach den elterlichen Hof übernahm, er hieß Johann, und war zuerst mit Susanne Rau und in zweiter Ehe mit Katharine Neff verheiratet. Den beiden Ehen entsprangen 9 Mädchen und zwei Buben, von denen der eine nach Amerika auswanderte. Der andere, Johann Christoph Übernahme den elterlichen „Antunis"-Hof. Er verheiratete sich mit Johanna Friederike Diem, aus dieser Ehe gingen 5 Mädchen hervor und ein Sohn, den die Alten unter uns noch persönlich kennen, es war der Wilhelm Wolff „s‘ Antunis Wilhelm", er ist 1916 als lediger Onkel in diesem Hause gestorben, ein stiller, bescheidener Mann, etwas bleichen Angesichtes und mit einem roten Schnurrbart. Er war also, der letzte Sproß in der männlichen Linie des zuerst angeführten Ehepaares. Andererseits haben natürlich die Mädchen, einmal neun und das andere Mal fünf, für eine beträchtliche Verbreiterung der Verwandtschaft gesorgt. Zugehörig fühlen können sich da (in alphabetischer Reihenfolge) von den heute noch vertretenen Großgartachern die Boger, Diem, Eberbach, Endner, Flinspach, Häußler, Heiß, Herrlinger, König, manche Link, Reber, Rieker, Sommer, Wolff, Zeyer.

Deutlich erwähnen möchte ich, daß die Nachforschungen in den Großgartacher Kirchenbüchern von unserem Landsmann Eugen Schlampp, der in Heilbronn wohnt, vorgenommen wurden. Er hat in dankenswerterweise alle Eintragungen in Großgartach von 1563 bis 1766 karteimäßig erfaßt und will die Familienblätter, die mehrere Bände umfassen werden, auch auf eigene Kosten binden lassen. Hoffen wir, daß seine uneigennützige Arbeit den Mitbürgern, die auch noch über den Alltag hinausgehende Interessen haben, nutzbringend zugute kommt.

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