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Odenheimer Hof - weitere Infos

Der Fronhof war das Zentrum einer adeligen oder geistlichen Grundherrschaft, also das wirtschaftliche und herrschaftliche Zentrum im Mittelalter. An diesem Ort saß der grundherrschaftliche Vertreter. Hierher mussten die grundherrlichen Abgaben geleistet und die Frondienste verrichtet werden.

Hier am Fronhof neben der Laurentiuskirche ist der mutmaßliche Kern der Besiedlung von Gardaha (historische Name für Großgartach). Beim Abriss der alten Lorenzkirche 1912/1913 fand man unter einer Steinplatte vor dem Altar ein paar goldene Ohrringe als Hinweis auf eine reiche Bestattung einer maßgeblichen Familie aus der Alemannenzeit.

1107  Das Stift St. Peter in Wimpfen erhält durch Bischof Adalbert von Worms drei Höfe am Ort. 
1122  Graf Poppo III. von Lauffen schenkt seinem Bruder Bruno, der 1102-1124 Bischof von Trier und Erster Rat (= Kanzler) des Kaisers Heinrich V. war, seinen       Besitz in Großgartach (Laurentiuskirche und Fronhof mit Landbesitz und Einkünften) zur Gründung des Klosters Odenheim. Das Kloster wurde unmittelbar dem Kaiser unterstellt.
1161 1161 Kaiser Friedrich I. bestätigt dem Kloster Odenheim seinen Besitz in Großgartach.
1219  Das Kloster Odenheim besitzt die Patronatsrechte der Kirche (= Recht, die Pfarrei zu besetzen).
1428  Bis zu diesem Jahr gehören neun Zehntel von Großgartach dem Kloster Odenheim.
1486 Anlage eines Archives im Kloster Odenheim (Klosterbibliothek, Klosterchronik, unzählige alte Bücher und Handschriften und möglicherweise eine Abschrift des Nibelungenliedes).
1494  Papst Alexander VI. wandelt das Kloster Odenheim in ein freiadliges Stiftskapitel (Ritterstift) unter Beibehaltung aller Privilegien um. 
1507  Umzug des Ritterstiftes nach Bruchsal. 
1525  Zerstörung des Klosters Odenheim einschließlich des Archivs im Bauernkrieg und nachfolgende Verwendung der Ruine als Steinbruch. 
1569 Fertigstellung eines Odenheimer Amtshauses in Bruchsal/Odenheim zur Verwaltung des Klosterbesitzes und der Landwirtschaft.

Die „Grafen von Wirtemberg“, hauptsächlich Ullrich III (1325-1344) und seine Kinder Ulrich IV und Eberhardt II der Greiner, vergrößerten 1376-1379 ihren Machtanspruch und Besitz durch Zukauf von Höfen mit deren Ländereien und Einkünften an der Nordgrenze des Landes. Eberhard II. der Greiner „erkaufte am 23. November 1376 für 200 Goldgulden „Theile des Ortes“ Großgartach und vermehrte dadurch den Besitz so erfolgreich, dass Odenheim darauf eingehen musste. So wurde die Vogtei und deren Gefälle 1428 ohne Berücksichtigung der Ansprüche des Stiftes Wimpfen geteilt. Odenheim behielt drei Viertel und Württemberg bekam ein Viertel. Die höhere Gerichtsbarkeit übte Württemberg aus; die Richter wurden gemeinschaftlich gewählt. Der „Württemberger Hof“ stand mit ziemlicher Sicherheit an der Ecke Heilbronner / Kastanien Straße.

Großgartach kam dadurch zu zwei Schultheißen: der Odenheimer amtierte drei und der Württemberger ein Jahr. Das dauerte bis zur Säkularisation. Bei der Säkularisation 1802/03 am Oberrhein kam der Odenheimer Teil von Großgartach zu Baden. Durch die Verträge mit Baden vom 17. Oktober und 13. November 1806 wurden die drei Viertel Teile von Odenheim nach Württemberg getauscht und zunächst dem Oberamt Kirchhausen (Oberamt = württembergische Verwaltungseinheit) bis 1934 zugeteilt. Großgartach wurde Sitz eines Amtsmanns. Als das Oberamt Kirchhausen am 26. April 1808 aufgelöst wurde, kam Großgartach zum Oberamt Brackenheim. 1811 übergab das Oberamt Brackheim den Marktflecken Großgartach an das Oberamt Heilbronn.

Großgartach hatte seine „Abhängigkeit von der Stiftskirche in Wimpfen dadurch zu bethätigen, daß sie alljährlich auf Pfingstmontag Wachse liefern und auf einen Altar Käse, 2 Häller und ein Brod legen mußten“.

Der Vogt, später Pfleger genannt, hatte seinen Sitz in diesem Hof. Dieser Odenheimische Wirtschafts- und Verwaltungshof war früher ein großes abgerundetes herrschaftliches Anwesen: Es ist eine sog. „fränkische Hofanlage“, die durch eine Mauer mit einem hohen Tor abgeschlossen war. Innen befanden sich das Herrenhaus, Stallungen, Frucht- und Futterkammern und Behausungen für die Knechte, sofern sie nicht im Wohnstall lebten. Innerhalb des Areals befand sich auch die Kirche (Abb. 1). Der Fronhof hatte in den drei Fluren (Sommer- und Winterfrucht, Brache) auch die größten Äcker. Das heutige Wohnhaus, einstmals das „ritterstiftische Amtshaus“ des Klosters Odenheim ist etwa 300 Jahre alt. Das Hauptstaatsarchiv Baden-Württemberg besitzt eine eindrucksvolle kolorierte Zeichnung des historischen Gebäudes mit Grundriss mit der Jahreszahl 1781 (Abb.2). Aus dem Jahr 1799 existiert eine weitere Darstellung des Herrenhauses mit Grundriss (Abb. 3).

Gesamtkomplex Odenheimer Hof mit Kirche Hauptstaatsarchiv
Abb. 1: Gesamtkomplex Odenheimer Hof mit der Lorenzkirche im 18. Jahrhundert Abb. 2: Pläne des ritterstiftlichen Amtshauses von 1781

 

ritterstiftisches Amtshaus Odenheimer Hof Ergenzinger 1920er
Abb. 3: Pläne des ritterstiftlichen Amtshauses von 1799 Odenheimer Hof - Ergenzinger 1920 


Eine Deichelleitung führte vom benachbarten Kripfelbach in den Hof.

Zu dem Fronhof gehörte das Areal vom Kindergarten Kelterstraße bis zur Nordheimerstrasse, auch die „Zehentgärten“ und der Brühl (=herrschaftlicher Besitz, meistens Wiesen in Hofnähe), der sich vor dem Bau der Bahnlinie 1878 bis zum Leinbach erstreckte. Innerhalb des Gesamtareals hatte ja auch die Kirche, wahrscheinlich schon in fränkischer Zeit, vom damaligen Herrn des Hofes einen dominierenden Platz erhalten. Der kirchliche Widumhof lag nicht weit davon entfernt. Mesnerhaus, erbaut 1665/1667 und Pfarrhaus, erbaut 1733, kamen später in unmittelbarer Nähe dazu, ebenso die Zehntscheune und die 1287 erstmals erwähnte Kelter, die ursprünglich auch herrschaftliche Einrichtung war. Der unter der Kelter liegende Keller trug noch um die Jahrhundertwende den Namen „Herrschaftskeller“.

Gustav Ergenzinger aus Kornwestheim heiratete 28-jährig am 11.05.1871 in und nach Großgartach und kauft den Odenheimer Hof. Bei seinem Umzug brachte er ein Tafelklavier mit, das von einem Pferdefuhrwerk gezogen wurde.


Recherche: Heinz Ortwein, Dr. med. Werner Eckstein, Leingarten


Quellenangaben: 
Heimatbuch Leingarten Seite 318/319
Schriftenreihe des Heimatvereins Leingarten:  Unterm Heuchelberg Nr. 25 und 43/1981
Harald Schukraft: Kleine Geschichte des Hauses Württemberg Silberbrg Verlag Seite 59 ff
Oberamt Heilbronn „Nennung Großgartach Oberamt Heilbronn 1865“ Seite 1-25 (bzw. Seite 9-295 im Urtext)
Wikipedia: Begriffe: Ritterstift Odenheim, Grafen von Lauffen, Deutscher Bauernkrieg, Fronhof, Villikation                            
Landesurkundliches Informationssystem Baden-Württemberg - LeoBW
Hauptstaatsarchiv Stuttgart Findbuch A 249 Bü 397

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